nd-aktuell.de / 11.03.2005 / Kommentare

Streik in Frankreich

Kurt Stenger
Die Arbeitslosenzahlen steigen ohne Ende, die Beschäftigten sollen länger arbeiten und auf Teile ihres Gehalts verzichten. Dies wird umso mehr zum Skandal, als die großen Konzerne immer üppigere Gewinne einstreichen oder an ihre Aktionäre ausschütten. Gestern entlud sich die Wut auf der Straße. Allerdings - wie könnte es auch anders sein? - nicht in Deutschland, sondern in Frankreich. Dort machten die Beschäftigten ihrem Ruf alle Ehre, wenig auf Obrigkeitshörigkeit zu geben. Der Öffentliche Dienst führte den Protest an. Rechts vom Rhein sieht es anders aus. Die Amtsstuben sind streikfreie Zonen, und nur wenige Arbeitnehmer hinterfragen ernsthaft die blinde Standort- und Reformgläubigkeit von rot-grüner Regierung wie konservativer Opposition. Kontroverse Meinungen sind kaum zu vernehmen, selbst die Gewerkschaftsspitzen eiern zwischen Regierungsnähe und der Verteidigung angestaubter Werte hin und her. In Frankreich weht ideologisch ein etwas anderer Wind. Trotzdem sieht es kaum weniger trist aus. Die Position der zwar kämpferischen, aber oftmals kleinen und zersplitterten Gewerkschaften bei den Tarifverhandlungen ist ähnlich schwach. Ein Aktionstag allein macht eben noch kein heißes Frühjahr.