Ade, kleines Krankenhaus

Der Kliniklandschaft stehen umfangreiche Veränderungen bevor

Auch nach der Einführung der Fallpauschalen kommen die Krankenhäuser nicht zur Ruhe. Die Finanzierung ist noch nicht gänzlich umgestellt, die Bezahlung der ärztlichen Bereitschaftsdienste längst nicht geklärt, da sorgen die europäische Dienstleistungsrichtlinie und die Prophezeiung eines gigantischen Kliniksterbens für neuen Zündstoff.

Von 2400 auf 2000 ist die Anzahl der Krankenhäuser in den letzten 14 Jahren gesunken. Glaubt man den Voraussagen der Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young, muss bis 2020 noch jedes vierte Krankenhaus schließen. Besonders kleineren Häusern mit geringerer Spezialisierung geben Experten wenig Chancen. Das kleine, zuverlässige Kreiskrankenhaus um die Ecke - ein Auslaufmodell? Geht es nach Bert Rürup, dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, ist die Perspektive der bundesdeutschen Kliniken noch schlechter. »Ich hoffe, diese Zahl wird eher erreicht sein«, sagte er auf einer Veranstaltung der Deutschen Krankenhausgesellschaft am Mittwoch in Berlin. Das solle man allerdings nicht als Bedrohung empfinden, sondern eher als Chance. Rürup sagt für die Zukunft Fusionen von Krankenhäusern, Spezialisierungen, die Bildung neuer Netzwerke und die Öffnung der Häuser für die ambulante Behandlung voraus. Die Ernst & Young-Studie war da noch deutlicher geworden, da sie Wellness und Sterbebegleitung kliniktauglich sieht und weissagt, dass sich die Grenzen zwischen Medizin und Life-Style verwischen werden. Nach dem Gemischtwarenladen »Apotheke« droht nun ein ähnliches, in seinen Ausmaßen noch weit schlimmeres Szenario für die Krankenhäuser. Die künftigen Wellness- und Blinddarm-Oasen werden dann wohl kaum noch von der öffentlichen Hand und der Gesetzlichen Krankenversicherung finanziert, wie es jetzt zu einem beträchtlichen Teil geschieht. Derzeit sind in den Krankenhäusern über 1,1Millionen Menschen beschäftigt. Man müsse sich mit dieser Zahl, so der Präsident der Krankenhaus-Gesellschaft, Wolfgang Pföhler, nicht hinter der Autoindustrie verstecken. Für Pföhler beinhalten demographische Entwicklung und medizinischer Fortschritt durchaus das Potenzial für die Schaffung von Arbeitsplätzen in den Krankenhäusern. Mit der Verkürzung der durchschnittlichen Liegedauer der Patienten auf momentan neun Tage sei eher eine Verdichtung der ärztlichen und pflegerischen Arbeit verbunden. Auch die Neuregelung der Bezahlung von Bereitschaftsdiensten dürfte die Personalkosten in den Krankenhäusern in die Höhe treiben. Würden diese Zeiten nach Tarif bezahlt, entstünden enorme finanzielle Belastungen. Daher plädiert die Krankenhaus-Gesellschaft für eine spezielle Bereitschafts-Tarif-Kategorie - nicht unbedingt zur Freude des Marburger Bundes, der die Krankenhausärzte vertritt. Dessen Chef, Frank Ulrich Montgomery, kann angesichts solcher Vorstellungen nur den Kopf schütteln. Zu all den ungelösten Krankenhaus-Problemen kommt aktuell noch die geplante EU-Dienstleistungsrichtlinie hinzu, die für Arbeitskräfte aus anderen Ländern gesonderte Bedingungen vorschreibt - ihrem Herkunftsland entsprechend. Damit könnten, so die Befürchtung, Versorgungsstandards ausgehebelt werden. Über die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gudrun Schaich-Walch ließ die Regierung den Krankenhausärzten ausrichten, man werde »für einen fairen Wettbewerb sorgen«. Ca. 13Prozent aller abhängig Beschäftigten in diesem Lande werden das verfolgen, den...

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