nd-aktuell.de / 11.03.2005 / Politik

In Namibia muss neu gezählt werden

Justiz erkennt schwere Unregelmäßigkeiten bei Wahlen im November

Petrus Kamburona, Windhoek
Namibias Justiz hat bei den Wahlen vom November schwere Unregelmäßigkeiten konstatiert. Nun muss neu gezählt werden.
Das Obergericht in Windhoek erklärte am Donnerstag die Ergebnisse der Parlamentswahlen für nichtig und ordnete an, dass die Stimmen in Anwesenheit von Parteienvertretern neu ausgezählt werden müssen. Damit reagierte es auf zahlreiche Verstöße gegen das Wahlgesetz, die in der Wahlanfechtungsklage zweier Oppositionsparteien, des Kongresses der Demokraten (CoD) und der Republikanischen Partei, offenbar geworden waren. Nach dem jetzt für ungültig erklärten Wahlergebnis hatte die regierende SWAPO über 76 Prozent der Stimmen erhalten. Die Richter ordneten in dem in Namibia mit großer Überraschung aufgenommenen Urteil ferner an, dass in spätestens fünf Tagen mit der Neuauszählung begonnen und diese in maximal zehn Tagen abgeschlossen sein müsse. Damit könnte ein neues Ergebnis noch unmittelbar vor Ende der laufenden Legislaturperiode am 21. März vorliegen. Mehrere CoD-Politiker schlossen für den Fall, dass bei der Neuauszählung noch weitere Unregelmäßigkeiten zutagetreten sollten, Neuwahlen nicht aus. Unberührt von dem Urteil bleibt das Ergebnis der Präsidentschaftswahl, das die Opposition wegen des großen Vorsprungs des SWAPO-Kandidaten nicht angefochten hatte. Am 21. März wird demnach Hifikepunye Pohamba das Amt des Staatschefs übernehmen. Der bisherige Präsident Sam Nujoma bleibt jedoch Vorsitzender der regierenden SWAPO und wird damit weiterhin sehr großen politischen Einfluß haben. Während der dreitägigen Gerichtsverhandlung waren so viele Fehler ans Licht gekommen, dass der Vorsitzende Richter sarkastisch bemerkte: »Es ist beruhigend festzustellen, dass immerhin einige Leiter der Wahlbezirke ihre Pflicht getan haben.« Der Anwalt der beiden Oppositionsparteien, hatte eine Fülle von Dokumenten vorgelegt, auf denen die beiden vorgeschriebenen Unterschriften jeweils des Bezirkswahlleiters und des Leiters des Wahllokals über die Anzahl der abgegebenen Stimmzettel fehlten. Der Anwalt der Wahlbehörde bestritt diesen Fakt nicht, bezeichnete ihn jedoch als unerheblich. Nach dem Material, das die Opposition vorlegte, wimmelte es von Unregelmäßigkeiten. So wird sich, weil die im Wahlgesetz vorgeschriebene Nummerierung der Stimmzettel nicht vorgenommen wurde, jetzt beispielsweise nicht mehr ermitteln lassen, aus welchem Wahllokal jene Stimmzettel stammen, die in einem trockenen Flussbett 70 Kilometer nördlich von Windhoek gefunden wurden und die auffälligerweise sämtlich für Oppositionsparteien abgegeben wurden. Die klageführenden Oppositionsparteien mutmaßen, dass die sehr hohe Wahlbeteiligung und die von der Wahlbehörde verkündete Dreiviertelmehrheit für die SWAPO dadurch erreicht wurden, dass Wahlurnen mit Stimmzetteln gefüllt worden seien. Als sonderbar sehen sie es ferner an, dass rund 30 Prozent aller Stimmen nicht am Wohnort, sondern in anderen Wahlbezirken abgegeben wurden. Die stellvertretende CoD-Vorsitzende Nora Schimming-Chase ist der Ansicht, dass die SWAPO, wenn es bei der Wahl mit rechten Dingen zugegangen wäre, ihre Zweidrittelmehrheit verloren hätte, die sie aber für geplante Verfassungsänderungen benötigt.