Der Ur-Urenkel im Kesselhaus

Der alte Heizungsbau in Herzberge wurde durch engagierte Arbeit zum Museum ausgebaut

  • Brigitte Holm
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.
Kirchen, Schulen, Markthallen, Feuerwachen, Badeanstalten, das Polizeipräsidium und der Zentralviehhof - der Architekt und Berliner Stadtbaurat Hermann Blankenstein war ein äußerst produktiver Mann. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts hat er vielen öffentlichen Bauten seinen Stempel aufgedrückt.
Rote und gelbe Klinker, versehen mit Ornamenten, sind das Markenzeichen vieler seiner Bauten. Auch zahlreiche Krankenhäuser entstanden nach seinen Plänen. Eines davon ist das Evangelische Krankenhaus Königin Elisabeth, das von 1889 bis 1893 in Herzberge in Lichtenberg als »Irrenanstalt« entstand.
Alle Häuser dieses Ensembles sind - mit einer Ausnahme - heute noch in Betrieb. Diese Ausnahme ist das Kesselhaus. Das ist inzwischen das Museum Kesselhaus. Fast einhundert Jahre war von hier aus die Anstalt mit Wärme und heißem Wasser versorgt worden.
1986 erfolgte der Anschluss an das Fernwärmenetz. Das Gebäude dämmerte dann Jahre vor sich hin, diente als Abstellfläche für alles Mögliche. Schließlich wurde der Abriss in die Wege geleitet.
Da trat der Denkmalschutz auf den Plan, und im Krankenhaus fanden sich 1999 Mitarbeiter in einer Initiativgruppe zusammen, um das Kesselhaus zu erhalten und für eine neue Nutzung zu erschließen. Im Mai 2000 startete in Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt und dem Verein BAUFACHFRAU Berlin die Sanierung. Seitdem ist Bauingenieurin Gerda Stettin dabei. Wenn sie heute als Museumsmanagerin durch das Kesselhaus führt, erinnert sie sich, wie die Baufachfrauen das Gebäude zunächst von Schutt und Unrat befreiten und später weitere ABM-Kräfte Maurerarbeiten, Schlosser- und Dachdeckerarbeiten verrichteten. Sponsoren und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz trugen ebenfalls zum Gelingen bei. Als sie ihr Werk im September 2003 beendeten, hatte Berlin ein Museum und zugleich eine Veranstaltungsstätte mehr.
Kernstück des Hauses ist der Kesselraum, in dem drei Generationen von Dampfkesseln zu sehen sind. Sie lassen die Entwicklung dieser Technik über fast ein Jahrhundert nachvollziehen. Schautafeln erleichtern das. Und sehr anschaulich erläutert Gerda Stettin, wie diese riesigen Anlagen funktionierten, auf welchem Weg die Kohle kam und welchen Weg die Wärme bis in die Krankenstuben ging. Dass die Arbeit anstrengend und schmutzig war, wird kaum überraschen. Aber wer ahnt schon, dass die Heizer während der kühlen Jahreszeit unter Kälte und Zugluft litten?
Wie es früher in einem Krankenzimmer aussah, ist in der medizinisch-historischen Ausstellung zu besichtigen. Etwas Gänsehaut verursachen die Instrumente, mit denen Ärzte einst ihre Patienten behandelt haben. Auch einige Utensilien aus einer alten Apotheke sind ausgestellt. Besonders beliebt bei Schülergruppen ist ein altes Gerät zur Messung des Lungenvolumens. Das kann ausprobiert werden.
Beim Gang nach oben erläutert Gerda Stettin das Konzept des Hauses, nicht nur Museum, sondern zugleich Veranstaltungsort zu sein. Das Industrie-Ambiente ist derzeit absolut beliebt. Deshalb lässt sich der etwa 220 Quadratmeter große Raum im Obergeschoss sehr gut vermieten. Das Hebbel-Theater hat hier bereits Theaterstücke vorbereitet, ebenso das Landesjugendtheater Caroussel - es kam mit »Romeo und Julia« - und die Sophiensäle. Selbst Hochzeiten und Jubiläen wurden schon im Kesselhaus begangen.
Kommenden Sonntag feiert hier der Förderverein Museum Kesselhaus seinen Geburtstag. Es ist erst der vierte, und er wird ganz dem Hause gemäß ablaufen: Um 15 Uhr hält der Ur-Urenkel von Stadtbaurat Hermann Blankenstein, Dr. Felix Blankenstein, einen Vortrag über die Krankenhausbauten seines berühmten Vorfahren. Danach, ab 17 Uhr, geben die Kammermusikvereinigung für Alte Musik Camerata musica und die Musikschule Lichtenberg ein Konzert. Um 18 Uhr erfolgt eine Führung durch das Kesselhaus.

Museum Kesselhaus, Herzbergstr. 79, Lichtenberg, Tel.: 54722424, www.m...

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