Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

EU Ökolandbau schafft neue Arbeit

Untersuchung der Fachhochschule Nürtingen zu Baden-Württemberg Von Andreas Greiner, Stuttgart

  • Lesedauer: 4 Min.

Der ökologische Landbau kann bis zu 60 Prozent mehr Arbeitplätze schaffen als die konventionelle Landwirtschaft. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Untersuchung der Fachhochschule Nürtingen.

Die Wuppertal-Studie »Zukunftsfähiges Deutschland« hatte die These aufgestellt, daß durch die Umstellung auf den Bio-Landbau bis zu 20 Prozent mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Ob sich diese Annahme empirisch belegen läßt, wollte der Bioland-Bundesverband mit der jetzt vorliegenden Studie klären. Dazu verschickte die Fachhochschule Nürtingen in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr bundesweit Fragebögen an 1000 Bioland-Betriebe. Die Landwirte wurden gebeten, Auskunft zu geben über die Produktionszweige ihres Betriebes, die Verarbeitungs- und Vermarktungswege sowie die Anzahl der Arbeitskräfte vor und nach der Umstellung.

448 korrekt ausgefüllte Fragebögen konnten ausgewertet werden.

Das Ergebnis zeigt eindeutig, daß auf einem Biobetrieb deutlich mehr Menschen arbeiten als in der konventionellen Landwirtschaft: Die Zahl der auf den Höfen beschäftigen Arbeitskräfte stieg von 618 vor der Umstellung auf 1010 danach. Durch den Einstieg in die ökologische Landwirtschaft entstanden also 392 neue Arbeitsplätze, wobei regelmäßige Aushilfskräfte und Saison-Arbeiter nicht berücksichtigt sind. Es handelt sich bei dieser Zahl also um feste Arbeitsplätze.

Der Grund für die Zunahme liegt in erster Linie darin, daß sich die Betriebe nach der Umstellung auch in neuen Produktionszweigen engagieren, wie im arbeitsintensiven Anbau von Sonderkulturen. Vor allem im Obst- und Gemüseanbau, wo im ökologischen Anbau mehr Handarbeit anfällt, wurden zahlreiche Mitarbeiter neu eingestellt. Insgesamt hat sich die Zahl der fest angestellten Mitarbeiter mehr als verfünffacht (von 41 auf 215 Arbeitskräfte). Auch die Zahl der Auszubildenden verdoppelte sich auf den befragten Höfen mit der Umstellung. Weitere Faktoren für den Bedarf an zusätzli-

chen Arbeitskräften sind der Einstieg in die hofeigene Verarbeitung und eine arbeitsintensivere Vermarktung. Ob durch Hofmetzgerei, Bäckerei oder Molkerei vielfach versuchen die Betriebe, ihre Erzeugnisse zu veredeln und damit bessere Preise zu erzielen. Auch die Direktvermarktung ab Hof (vorher 130, nachher 356 Beschäftigte), die Präsenz auf Wochenmärkten oder das Angebot von Abonnement-Kisten nehmen viel Zeit in Anspruch. Dadurch entsteht soviel Arbeit, daß es für den Betriebsleiter oft nicht mehr möglich ist, sie allein zu bewältigen.

Nicht zuletzt spricht auch die Zufriedenheit mit der Arbeit für den ökologischen Landbau: Rund 64 Prozent der befragten Bauern gaben an, daß sie nach der Umstellung zufriedener sind als vorher Einige der Bauern würden sogar unter keinen Umständen mehr einen konventionellen Betrieb bewirtschaften wollen.

Es ist deshalb nur logisch, daß der Bioland-Bundesverband die Studie kürzlich gemeinsam mit der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (BAU) vorstellte. Seit 10 Jahren sei der ökologische Landbau »ein Motor für die Beschäfti-

gung in den ländlichen Räumen«, bilanziert Arnd Spahn, Abteilungsleiter Umwelt-Europa der IG Bau. Mehr als 2000 Menschen arbeiten heute fest angestellt im ökologischen Landbau. Angesichts der 50 000 Arbeitslosen in der Landwirtschaft verlangten die vorliegenden Ergebnisse nach politischen Einsichten, so Bioland und IG BAU unisono.

Neueste Daten vom Bundesernährungsministerium belegen zudem, daß

die westdeutschen Öko-Betriebe im Wirtschaftsjahr 1996/97 im Durchschnitt sechs Prozent mehr verdienten als die konventionelle Vergleichsgruppe (48 788 DM Jahresverdienst gegenüber 46 097 DM). Gegenüber den konventionellen Betrieben erwirtschaften die Öko-Betriebe zwar deutlich niedrigere Umsätze bei zugleich höherem Personalaufwand. Aber ein geringerer Aufwand für Düngemittel, Pflanzenschutz und Futtermittelzukauf sowie von Zulagen und Zuschüssen konnten dies mehr als ausgleichen. Insbesondere die finanzielle Förderung des Öko-Anbaus wird immer wieder heftig und kontrovers diskutiert. Der Bioland-Bundesverband verweist in diesem Zusammenhang auf dessen ökologische Leistungen, die zum Wohle der Allgemeinheit erbracht würden.

In den neun Verbänden der der Arbeitsgemeinschaft ökologischer Landbau e.V (AGÖL) waren am 1. Januar 1998 genau 6793 Betriebe zusammengeschlossen, die insgesamt eine Fläche von 351 062 Hektrar bewirtschaften. Das entspricht rund zwei Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland.

Die Untersuchung über Arbeitsplätze und Umstellung auf ökologischen Landbau kann gegen Einsendung von 18 DM in Briefmarken bzw. gegen Verrechnungsscheck bezogen werden beim: Bioland-Bundesverband, Gabriele Maier Spohler, Postfach 349. 73003 Göppingen, Tel: (0761) 9101213. Fax- 910127

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal