nd-aktuell.de / 19.06.1998 / Politik / Seite 18

Schlacht an der Oberbaumbrücke

Stellt Polizei nichtdiensttuende Wasserwerfer zum Schutz von FFFF, TKKG und Over bereit? Von Rainer Funke

Mit einer übel-turbulenten Schlacht rechnen für gewöhnlich gut unterrichtete Eingeweihte am Sonntag ab 15 Uhr auf und unter der Oberbaumbrücke. Anlaß dürfte ein bislang geheimgehaltener Festakt am selbigen Ort sein, mit dem dem Beitritt Kreuzbergs zum künftigen Großfriedrichshain und der Umbenennung in Unterfriedrichshain gehuldigt werden sollen, wie das Landesamt für Verfassungsschutz auf ND-Nachfrage mitteilte.

Einer der Anmelder des Aktes ist ein gewisser Freke Over, der sich als PDS-Abgeordneter ausgibt, sowie einige Vereine, darunter der TKKG (Total Krasse Kreuzberg Gegner) und die FFFF (Femi-

nistische Friedrichshainer Frauen Front). Letztere will sich zugleich an »Kreuzberger Mackern« mit faulen Eiern und Tomaten versündigen und hat eine Ausgangssperre für alle unbegleiteten Kreuzberger Männer ab 15.30 Uhr verhängt.

Die Festrede wird dem Vernehmen nach der Volksheld Helios Mendi Guru halten, der auf einem Flugblatt als »Einziger« bezeichnet wird und das verlorene Kreuzvolk in den Hain führen möchte.

In der Anmeldung des Festaktes beim polizeilichen Staatsschutz hatte Over allerdings gemutmaßt, daß mit Ausschreitungen von Kreuzberger Chaoten zu rechnen sei. Tatsächlich wollen sich, wie ND erfuhr, kreuznationalistische Bergpatrioten gegen die »Einverleibung ihres Territoriums« mit allen Kräften wehren. Die KPD/RZ beispielsweise hat inzwischen

ihre »alten Saufkumpane von der Kreuzberger Kamarilla« alarmiert.

Over bat unterdessen die Innenverwaltung um Polizeischutz. Der Innensenator möge »durch (s)eine verstärkte militärische Präsenz im öffentlichen Raum des ehemaligen Kreuzbergs Aufmüpfigkeiten jeglicher Art in bewährter Weise im Keime ersticken« helfen. Over mobilisierte zugleich die WAF (Wasser Armee Friedrichshain), den bewaffneten Arm der Bewegung Großfriedrichshain, und flehte den Innensenator um kollegiale Hilfe an, der WAF zum Schutz vor den Kreuzseparatisten nichtdiensttuende Wasserwerfer zur amtlichen Verrichtung zu überlassen.

Die Antwort des Senators steht noch aus. Und auch der Staatsschutz verhielt sich skeptisch. Aus der Akt-Anmeldung sei ersichtlich, daß »mit Verstößen gegen die Gebote der Friedlichkeit und Waffenlosigkeit« zu rechnen sei, teilte man den Veranstaltern mit. Weshalb man eine Verbotsverfügung vorbereitet habe.

Inzwischen konnten diesbezügliche Befürchtungen bei der Behörde als Mißverständnisse ausgeräumt werden. Die Polizei hat das Vorkommnis und zehn Ordner genehmigt. Allerdings warnte sie nachdrücklich davor, das Ansehen der Brücke und anderer gegenständlicher Politikfelder zu beschädigen.