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Kein Thema im Kalten Krieg

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Ursächlich dafür waren koloniales Erbe, anhaltende Befreiungskriege, verspätete Dekolonialisierungskonflikte und Bürgerkriege - Konflikte, die stärker als in anderen Regionen vom Kalten Krieg überlagert und fremdbestimmt waren, teilweise zu Stellvertreterkriegen eskalierten. Noch heute gibt es in Afrika anderthalb Dutzend aktiver Konflikte und acht Millionen Flüchtlinge.

Seit Ende der 70er Jahre verschärfte eine zugespitzte Entwicklungskrise die Probleme, geprägt durch extrem verschlechterte »terms of trade« und generell ungleiche Wirtschaftsbeziehungen mit dem Norden. Der Verfall der Rohstoffpreise kostete Afrika in den 80er Jahren 150 Milliarden Dollar, die Entwicklungshilfe betrug im gleichen Zeitraum nur 100 Milliarden Dollar. Interne Ursachen schlössen ökonomische Ineffizienz, die Vernachlässigung der Landwirtschaft, nicht funktionierende planwirtschaftliche Leitungsmethoden, Korruption, Kapitalflucht und eine expandierende ineffiziente Bürokratie ein.

Als Allerheilmittel verordneten Internationaler Währungsfonds (IWF) und Weltbank Strukturanpassungsprogramme (SAP) mit drastischen Reduzierungen der Staatsausgaben, Subventionsabbau, Privatisierungen, Liberalisierung der Investitions-, Preis- und Außenhandelspolitik und Währungsabwertungen. Die angestrebten Ziele internationale Wettbewerbsfähigkeit und Währungsstabilität wurden nicht erreicht, soziale, wirtschaftliche und politische Belastungen waren exorbitant und führten zur realen Verschlechterung der Lebensbedingungen. Einige Staaten wurden wirtschaftlich regelrecht stranguliert, hohe soziale Belastungen verursachten politische Unruhen. Selbst in Ländern wie Ghana, Tansania und Nigeria ging die dort erreichte außenwirtschaftliche Stabilisierung zu Lasten von Sozialabbau und Arbeitsplatzverlust.

Extremer Ausdruck krisenhafter Entwicklungen in Afrika ist der Staatszerfall bis hin zum Verlust des Gewaltmonopols - siehe Somalia, Liberia und Sierra Leone mit analogen Tendenzen in Ländern Zentralafrikas und des Sahel wie Kongo (Kinshasa), Ruanda, Burundi und Tschad. Die Kriege in Angola und Sudan schließlich haben eine Eigendynamik angenommen, denen die internationale Gemeinschaft weitgehend hilflos gegenübersteht.

Das Ende des Kalten Krieges brachte zunächst eine Verschärfung der Probleme Afrikas mit dem Zerfall ehemaliger Bündnisbeziehungen, dem Rückgang internationalen Interesses und entwicklungspolitischer Unterstützung. Viel Hoffnung wurde in die Demokratisierung gesetzt. Im Kalten Krieg waren Demokratie und Menschenrechte aus Opportunitätsgründen kein Thema, afrikanische Regimes wurden nach geostrategischen Maßstäben bewertet. Die Demokratisierungswelle der frühen 90er Jahre war populär als Aufbrechen verkrusteter postkolonialer Machtstrukturen. Inzwischen zeigt sich, wie differenziert und widersprüchlich diese Demokratisierung ist. Diktatoren vor allem ehemals prowestlicher Regimes (Kenia, Togo, Gabun, Kamerun, Cote d'Ivoire) versuchten mit Wahlen und scheindemokratischen Strukturen zu überleben. Machtwechsel

Die Signale, die in letzter Zeit vom schwarzen Kontinent kamen, waren widersprüchlich. Da zeigte sich der amerikanische Präsident Clinton auf einer elftägigen Mammuttour beeindruckt von den hoffnungsvollen Entwicklungen in Afrika und würdigte eine Generation »neuer afrikanischer Führer«. Andererseits beschleunigt sich in Angola die jahrzehnteaite Spirale von Krieg und Gewalt erneut. Ein weiteres westafrikanisches Land - Guinea-Bissao - wird von bürgerkriegsähnlichen Unruhen erfaßt. Una mit Äthiopien und Eritrea haben ausgerechnet zwei der Staaten einen Bruderkrieg be-

fonnen, die mit viel Vorschußloreeren als »neue Afrikaner« bedacht worden waren. Der »verlorene Kontinent« Afrika zeigt sich am Ende dieses Jahrhunderts, das ja nicht zuletzt durch Entkolonialisierung und Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechtes dar Völker Afrikas und Asiens mitgeprägt wurde, janusköpflg - Chaos und Staatszerfall einerseits, Demokratisierung und Stabilisierungstrends andererseits. Quo vadis Africa?

ND-Karte: Wolfgang Wegener

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