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In Berlin ist öfter der Fußgänger der Dumme

47 Verkehrstote dieses Jahr in der Stadt Von Rainer Funke

  • Lesedauer: 3 Min.

Bis zum gestrigen Tag gab es dieses Jahr 47 Tote im Berliner Straßenverkehr - vier mehr als im gleichen Zeitraum 1997, darunter 19 Fußgänger (Vorjahr 20), 11 Radfahrer (9), 2 Kinder (0), 10 Senioren (13). Von der Zahl her sind also keine neuen Trends abzusehen, kommentierte Polizeirat Carsten Schlüter gegenüber ND Noch im Mai hatte sich ein anscheinend dramatischer Anstieg angedeutet - beim Statistischen Landesamt waren 38 Unfalltote registriert worden, in den ersten fünf Monaten 1997 »nur« 25.

Vier der diesjährig tödlich verunglückten Radfahrer verursachten den Unfall selbst und allein, ebenfalls vier waren mitschuldig. In drei anderen Fällen stellte sich ihre Unschuld heraus. Bei Fußgängern führten 9 den Todesunfall selbst her-

bei, 7 waren an der Ursache beteiligt. »Gar manche Fußgänger und Radfahrer könnten oftmals Unfälle vermeiden, wenn sie sich selbst auch als schwächste Verkehrsteilnehmer empfänden und sich entsprechend verkehrsgerecht verhielten«, urteilte Schlüter Das ist für den Polizeirat, der tagtäglich Unfallgeschehen und -Ursachen analysiert, gerade in der Hauptstadt nötig. Vor allem wegen des sogenannten Berliner Phänomens.

Das meint, daß hier seit langem die Anzahl der getöteten Fußgänger, Radfahrer und Senioren wesentlich höher liegt als in anderen Bundesländern, wo es vornehmlich Fahrer und Insassen trifft. Das hat vor allem auch damit zu tun, daß Berlin als Stadtstaat einen enorm dichten Verkehr aufweist und der Altersdurchschnitt relativ hoch ist.

Zu große Geschwindigkeit, neben Alkohol am Steuer, leichtsinnigem Überho-

len und Vorfahrtfehlern zu den häufigsten Unfallursachen zählend, schiebt vor allem in der Großstadt das Risiko hin zu den Fußgängern und Radfahrern, wenn es kracht. Allein um zwei Drittel wächst für sie die Gefahr, verletzt oder getötet zu werden, wenn statt 30 km/h das Auto 50 km/h fährt. Bei einem Aufprall bei 60 km/h hilft dem Fußgänger nur noch Glück, um zu überleben.

Solchen Unfallursachen und -folgen ist nur schwer zu begegnen. Auch die stetig anwachsende Zahl von polizeilichen Verkehrskontrollen brachte bisher keine Wende. Weshalb nach Schlüters Erfahrung ein jeder gut beraten ist, auch selbst danach zu trachten, Gefahren zu vermeiden. »Gegenseitige Vorsicht und Rücksichtnahme gleich Sicherheit«, lautet deswegen die Philosophie der Polizei, wie zuallererst Unfälle zu verhindern wären, sagte der Polizeirat.

Die Crash-Statistiken für das erste Halbjahr liegen bei Polizei und Statistischem Landesamt zumindest offiziell noch nicht vor Von Januar bis Mai aber hat es laut Angaben des Amtes 56 062 Unfälle in Berlin gegeben (gleiche Zeit 1987 60 295), darunter 5843 (6122) mit Verletzten. Alles in allem sind 7015 (7364) Bürger zu gesundheitlichen Schäden gekommen, darunter 833 (866) zu schweren. 50 219mal (54 173mal) wurden Sachschäden registriert.

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