Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Der Elegante

  • Lesedauer: 2 Min.

Igor Iwanow (53)

Der neue Hausherr am Smolensker Platz in Moskau -Außenminister einer angeschlagenen Großmacht

Foto: Reuters

Er trägt zwar einen russischen Allerweltsnamen, gilt jedoch nicht nur wegen tadellos sitzender Anzüge und Krawatten im Moskauer Korps der Auslandsvertreter als »elegantester aller russischen Diplomaten«: Igor Sergejewitsch Iwanow,

der Nachfolger des zum Regierungschef beförderten Jewgeni Primakow im Chefbüro des russischen Außenministeriums am Smolensker Platz.

Iwanow hat nicht die übliche sowjetisch-russische Diplomatenschule - das Moskauer Institut für Internationale Beziehungen (MGIMO) - besucht, sondern das Fremdspracheninstitut »Maurice Thorez«. Spanisch und Englisch waren seine Fächer Nach dem Diplom arbeitete er zunächst als Assistent am Akademieinstitut für Weltwirtschaft und Internationale Beziehungen, dessen Vizedirektor damals Primakow war

Als 2 8j ähriger wurde Iwanow zum Mitarbeiter der UdSSR-Handelsvertretung in Franco-Spanien berufen. Eine sowjetische Botschaft gab es in Madrid noch nicht. Zehn Jahre später kehrte er als Gesandter nach Moskau zurück und arbeitete im Apparat des Außenministeriums, zuletzt als Leiter des Sekretariats.

Ende 1991 ging er wieder nach Spanien, diesmal Botschafter, nicht mehr der Sowjetunion, sondern Rußlands - bis ihn Jelzins damaliger Außenminister Andrej Kosyrew Anfang 1994 zu seinem ersten

Stellvertreter machte. In dieser Eigenschaft vertrat er Rußland bei den Verhandlungen über eine Bosnien-Lösung in Dayton (USA).

Iwanow behielt seinen Posten auch nach der Ersetzung Kosyrews durch Primakow im Januar 1996. Der Führungswechsel signalisierte zwar eine Kurskorrektur in der russischen Diplomatie - von bedingungsloser Gefolgschaft gegenüber dem Westen zu mehr Selbständigkeit -, doch stand Iwanow längst im Ruf eines »unpolitischen« Staatsdieners, der sich an Palastintrigen nicht beteiligt. Primakow soll keine wichtige Entscheidung ohne Beratung mit seinem Vize getroffen haben. Folgerichtig schlug er ihn jetzt als seinen Nachfolger vor

Am Dienstag gab Iwanow seinen Einstand in der UNO-Vollversammlung. Nachdrücklich warnte er vor Gewaltanwendung zur »Lösung« des Kosovo-Konflikts. Dennoch glaubte man auf deutscher Seite, in dieser Frage ein »erhebliches« Einschwenken Rußlands auf den NATO-Kurs erkennen zu können. Löst sich alle Politik letztlich wieder einmal in Ökonomie auf? Detlef D Pries

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal