Balcerowicz mußte den Schwanz einziehen
Gleiches gilt für eine weitere Reform die lauthals verkündete neue Steuerpolitik. Vizepremier und Finanzminister Leszek Balcerowicz (UW) mußte den Schwanz einziehen. An seine These, durch die Anhebung der unteren Steuersätze und Herabsetzung der Höchstsätze werde mehr Gerechtigkeit walten, wollte nämlich selbst der Koalitionspartner AWS - unter dem Druck des Gewerkschaftsflügels - nicht glauben. Nach tagelangen Verhandlungen wurde die Steuerreform auf die lange Bank geschoben, um das Wählervolk nicht zusätzlich zu reizen. Die Arbeiterschaft - auch die zum Solidarnosc-Lager gehörende - ist nämlich schon wegen des Vorhabens der Unternehmer aufgebracht, das Arbeitsrecht so zu ändern, daß krankgeschriebene Arbeitnehmer gefeuert werden können. In der aktuellen Sejmsitzung ließ man dieses Projekt vorläufig fallen.
Nicht zu vergessen ist die meuternde Bauernschaft, die ihre Getreide- und jetzt auch die Kartoffelernte nicht loswerden kann, dafür aber wegen der letzten Stra-ßenblockaden vor Gericht gezerrt wird.
Angesichts so vieler Probleme beschloß die Regierung kurzerhand, den Termin für die Ende September fällige Haushaltsvorlage 1999 - verfassungswidrig - um vier Wochen zu verschieben. Als Begründung soll der Grundgesetzartikel über den Ausnahmezustand herhalten: So viele Reformen auf einmal schüfen ja wohl eine außerordentliche Situation, meinte Regierungssprecher Selin. Au-ßerordentlich ist indes nur die »Regierungskunst« der Solidarnosc-Mannen!
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