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EBB Howard übersteht die Wahlen knapp

Labor bereitet sich schon auf eine neue Runde vor Von Boris B. Behrsing, Canberra

  • Lesedauer: 3 Min.

Trotz herber Verluste hat sich Australiens Premier John Howard bei den Parlamentswahlen am letzten Sonnabend behaupten können. Kern seiner künftigen Wirtschaftspolitik soll die Einführung einer zehnprozentigen Verbrauchsteuer sein.

Howard erklärte sich schon am Sonntag zum Sieger, Oppositionsführer Kim Beazley (Labor-Partei) gestand seine Niederlage jedoch noch nicht ein. Denn wegen des Kopf-an-Kopf-Rennens der Kandidaten in verschiedenen Wahlkreisen hat die Wahlkommission noch immer nicht mitteilen können, wie sich das Parlament künftig zusammensetzt. In 17 Wahlkreisen hängt das Ergebnis von der Auszählung der Briefwahlstimmen ab, und dafür sind 13 Tage vorgesehen. Zu den Kandidaten mit unsicherer Zukunft gehört Außenminister Alexander Downer (Liberale Partei), dessen Rivale John Schumann (Demokraten) Sänger der Band »Redgum« ist.

Nach vorläufigem Auszählungsstand verfügt die Regierungskoalition aus Liberaler und Nationaler Partei über eine Mehrheit von fünf Abgeordneten. Vor diesen Wahlen hatte sie 44 Abgeordnete mehr als die Labor-Opposition. Die Labor-Partei, der ein fünfprozentiger Stim-

Zwei Sieger: John Howard (I.) und Kim Beazley

menzuwachs zugute kam, verbesserte sich von bisher 49 auf mindestens 61 Sitze im 128köpfigen Repräsentantenhaus. 66 Sitze gehen an die Koalition, einer an einen Unabhängigen. Den Australischen Demokraten gelang es nicht, ins Repräsentantenhaus einzuziehen, sie werden jedoch im Senat mit einer Rekordzahl von voraussichtlich elf Mandaten wieder als Zünglein an der Waage fungieren und zusammen mit der Labor-Partei jedes neue Gesetz zu Fall bringen können.

Ironie der Geschichte: Bereits erwiesen ist, daß Labor wieder zur stärksten Partei Australiens geworden ist - mit einem landesweiten Stimmenanteil von 51,5 Prozent. Nur errang die Koalition des Premierministers wegen des Mehrheitswahlsystems eben mehr Parlamentssitze. Dennoch ist Labor-Chef Kim Beazley nicht in Verliererstimmung. »Wir sind

wieder auf der politischen Szene«, verkündete er Seit seine Partei nach 13 Jahren ununterbrochener Regierung 1966 von den Konservativen verdrängt worden war, hatte in ihren Reihen Entmutigung und Resignation geherrscht.

Beazley mahnte die Regierung Howard denn auch, sie habe kein Mandat zur Realisierung ihrer Reformprogramme, vor allem zur Einführung der neuen Warenund Dienstleistungssteuer. Der Premierminister wies dies freilich zurück. Er will die Gesetzgebung über die Steuerreform schon vor Weihnachten im Parlament vorlegen. Aber die letzte Entscheidung wird im regierungsfeindlichen Senat fallen. Dort braucht die Regierung die Unterstützung der Demokraten. Deren Fraktionsführerin, die Senatorin Meg Lees, ließ am Montag Kompromißbereitschaft erkennen. Allerdings bestehen die Demokraten darauf, daß Lebensmittel von der Steuer ausgenommen werden.

Mit Erleichterung stellten Regierung und Opposition fest, daß sich die Träume der rechtsextremen One-Nation-Party unter Pauline Hanson zerschlagen haben. Hansons Hoffnung auf 12 bis 15 Abgeordnete im Repräsentantenhaus ist zerronnen. Nicht einmal sie selbst konnte ihren Wahlkreis gewinnen. Nur eine Senatskandidatin der Eine-Nation-Partei kam durch. Mit ihrer anti-asiatischen Polemik hatte »One Nation« die Nachbarländer verärgert und Australien wirtschaftlichen Schaden zugefügt.

Fazit: Das Wiedererstarken der Labor-Partei signalisiert Gefahr für die Konservativen. Würden sie durch die Ablehnung ihrer Reformprogramme im Senat wieder zur Parlamentsauflösung gezwungen, könnte das Ergebnis einer neuerlichen Wahl die Opposition an die Regierung bringen. Die Labor-Führung will bereits in der kommenden Woche mit der Vorbereitung der nächsten Wahlkampagne beginnen.

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