nd-aktuell.de / 09.10.1998 / Politik / Seite 19

Symbolträchtige Bilder in mildem Licht

Das Verborgene Museum erinnert an die Malerin Marta Hegema Von Sonja Patzschke

»Ich male keine Männer, weil sie nicht faßbar sind«, hat die 1894 in Düsseldorf geborene Malerin Marta Hegemann erklärt. Sie malte Frauen. Das Verborgene Museum, das sich der Kunst von Frauen widmet, zeigt nun erstmals in Berlin Arbeiten der erst jüngst wiederentdeckten Künstlerin. Sie ist 1970 in Köln verstorben.

Der Frauentyp, den Hegemann in ihren Bildern darstellt, wirkt selbstbewußt, aber oft durch umgebende Alltagsgegenstände und Symbole wie eingezwängt in patriarchische und kirchliche Gegebenheiten. Verschlüsselt wird hier die Rolle der Frau reflektiert. Da findet sich ein Akt mit Schwan, der an den klassischen griechischen und in der Malerei häufig dargestellten Leda-Mythos erinnert, doch der Kopf der Frau ist hier durch eine blutende Hand ersetzt. Der Großteil der

gezeigten Bilder, darunter viele Aquarelle, stammt aus den 20er Jahren und wurde vom Kölner Museum Ludwig zur Verfügung gestellt. In Köln gehörte Hegemann, die ihren Beruf als Zeichenlehre-

rin zugunsten einer freien Künstlerexistenz aufgegeben hatte, zusammen mit ihrem Mann, dem Maler Anton Räderscheidt, zum Kreis der Dadaisten und Progressiven. Vorübergehend bildeten sie mit Heinrich Hoerle und Franz Seiwert die Gruppe »stupid«. Diese für Hegemann wichtige und belebende Zeit fand jedoch mit Beginn der Nazidiktatur ihr böses Ende. Zudem wurde sie von ihrem Mann verlassen, und viele ihrer Bilder gingen im Krieg verloren. Erst in den 60er Jahren nahm Hegemann ihre künstlerische Arbeit wieder auf.

Nur zwei der im Verborgenen Museum zu sehenden Arbeiten, Farbholzschnitte aus dem Jahre 1918, verweisen auf die expressionistische Frühzeit der Künstlerin. In späteren Arbeiten dominiert die für Hegemann typische neusachliche Bilderwelt, Einflüsse von Klee, de Chirico und Ernst werden erkennbar Die dargestellten Gegenstände scheinen in einem imaginären Raum zu schweben, wobei die Künstlerin ein immer wieder neu variierendes Motivrepertoire verwendet. »Ich entdecke den Schirm, die Lampe, das Buch, die Kirche, die Taube, Pferd, Schiff, Tänzerin, Brief, Hände, Münder, und alles das in mildem Licht.« So sind symbolträchtige Bilder entstanden, die teilweise sogar poetisch anmuten, jedoch ohne Beigeschmack von Süßlichkeit oder Weichspüler.