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Gefahr für die Serben in Kosovo?

Momcilo Trajkovic

  • Lesedauer: 3 Min.

1950 im serbischen Dorf Caglavica in der Nähe von Pristina (Kosovo) geboren, istTrajkovic Vorsitzender der Serbischen Widerstandsbewegung (Srpski pokret otpora) und sieht sich als politischen Führer der Kosovo-Serben.

? Herr Trajkovw, da Sie nicht Mitglied der offiziellen serbischen Delegation bei den Verhandlungen in Rambouillet sind, haben Sie eine zweite, nichtoffizielle Delegation gebildet. Mit welchem Ziel?

Die Verantwortlichen in Frankreich und die Mitglieder der Kontaktgruppe sollen sehen, daß unsere Delegation die wahre Stimme der Kosovo-Serben repräsentiert.

? Wer gehört Ihrer Delegation an?

An der Spitze steht der Erzbischof von Montenegro, Amfilohije Radovic. Weitere Mitglieder sind der Bischof von Kosovo, Artemije Radosavljevic, Sava Janjic aus dem Kloster Decani, der Historiker Prof. Dr Dusan Batakovic und ich.

? Wie beurteilen Sie den bisherigen Verlauf der Verhandlungen in Rambouillet?

Wie Sie wissen, ist es den Teilnehmern nicht erlaubt, vor dem Ende der Gespräche mit der Presse zu reden. Es ist uns trotz dieses Verbots gelungen, einiges über die Verhandlungen zu erfahren. Vor allem die (albanische Untergrundarmee) UCK wird es sehr schwer haben, einige Vorschläge der Kontaktgruppe zu akzeptieren. Denn die bewaffneten Verbände der UCK in Kosovo selbst werden kaum verstehen können, warum ihre Vertreter

so viele Zugeständnisse machen müssen. Die UCK und auch Ibrahim Rugova haben bei den Kosovo-Albanern falsche Erwartungen geweckt: daß die Unabhängigkeit Kosovos auf der Tagesordnung stehe. Jetzt müssen sie ihren Landsleuten die Wahrheit sagen.- Die Kontaktgruppe unterstützt die Unabhängigkeit nicht.

? Wo sehen Sie eine Gefahr für Ihre Interessen, für die Kosovo-Serben?

Wir befürchten, daß der Druck gegen die Kosovo-Albaner nicht groß genug wird und daß die Kontaktgruppe am Ende mit den UCK-Leuten einen Kompromiß auf Kosten der Kosovo-Serben macht. Wir sind strikt dagegen, daß die Kosovo-Albaner politisch-territoriale Autonomie bekommen, die früher oder später zur Vereinigung mit Albanien führen würde. Am meisten aber fürchten wir, daß es eigentlich schon ein Abkommen zwischen Milosevic und der Kontaktgruppe gibt und daß hier in Rambouillet nur noch ein Spiel für die Zuschauer in Serbien gespielt wird. Dasselbe Spiel haben wir schon in Dayton gesehen. Kurz: Es wird zu einem Kompromiß kommen, der den serbischen Interessen schadet.

? Und warum sind Sie trotzdem nach Frankreich gefahren?

Ich sehe die Gefahr, die uns Serben droht. Ich bin nach Frankreich gekommen, um die Kontaktgruppe zu alarmieren: Wenn die internationale Gemeinschaft eine Vereinbarung trifft, die den Kosovo-Albanern die Macht in Kosovo überläßt, werden wir die Situation wie vor 1989 haben, als die Serben Bürger zweiter Klasse waren. Dann bleibt uns nur noch eins: Exodus - alle 250 000 Serben 'raus aus Kosovo.

? Was gedenken Sie zu tun?

Wir haben eine Einladung vom USA-Senat. Wir werden auch der USA-Regierung die Gefahr vor Augen führen, die ein mögliches unabhängiges Kosovo in sich birgt. Kosovos Unabhängigkeit würde kein Problem auf dem Balkan lösen, sondern sie würde eine noch größere Krise hervorrufen. Die Albaner machen in Serbien 12 Prozent der Bevölkerung aus, in Mazedonien aber 28 Prozent. Wenn Kosovo albanisch würde, warum dann nicht auch West-Mazedonien?

Fragen: Nikola Zivkovic

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