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Plötzliches Riesenprojekt

  • Lesedauer: 3 Min.

Auch in Kleinmachnow war die Projekt-17-Welt lange Zeit in Ordnung. Am südlich vom Ort verlaufenden Teltowkanal sollten - wie das Raumordnungsverfahren auswies - nur kleinere Begradigungen vorgenommen, die örtliche Schleuse, wie in Charlottenburg, auf 115 Meter ausgebaut werden. Die Kleinmachnower fielen aus allen Wolken, als sie den seit September 1998 ausliegenden Unterlagen zum Planfeststellungsverfahren entnehmen mußten, daß die Schleuse plötzlich 190 Meter lang und deren Vorfeld so breit ausgebaut werden soll, daß sogar drei Schubverbände von 185 Metern Länge in Warteppsition liegen können. Die Fol-

gen des Riesenbaus sina verheerend: Von der 100 Meter breiten Kanalaue werden bis zu 75 Meter weggebaggert, das dortige Landschaftsschutzgebiet (LSG) Parforceheide wird gründlich zerstört. Die Aue fällt damit als Lärm- und Dreckfilter für die 2000 Einwohner in der nahen Siedlung Stolper Weg weg.

Als diese Siedlung Anfang der 90er Jahre geplant worden war, erteilte das Brandenburger Umweltministerium die Auflage, daß die Kanalaue erhalten bleiben müsse. Der Wald wurde sogar durch einen Zaun geschützt. Die Bewohner mußten »wegen der fünf Ameisenhaufen und einem seltenen Käfer« in dem Schutzgebiet strenge Bauauflagen einhalten, wie Harry Hartig von der Bürgerinitiative (BI) Kleinmachnow »pro Kanallandschaft« bemerkt.

Damit das Gebiet mit dem Schleusenbau nun um so gründlicher zerstört werden kann, sind die Unterlagen zum Planfeststellungsverfahren entsprechend unvollständig. Die Siedlung Stolper Weg ist in den Papieren gar nicht berücksichtigt, die Kanalaue ist plötzlich nur ein Gebiet von »mittlerer ökologischer Wertigkeit«, obwohl es in kommunalen Planungen mindestens zwei Skalenwerte höher als »wertvoll« eingestuft wird. Hinweise, daß es sich um ein LSG handelt, fehlen völlig.

Darüber hinaus sind die 190 Meter wirtschaftlich fragwürdig. Ihr Nutzen rührt allein aus geringeren Wartezeiten für die Schiffe. Der Fall, daß Sich drei Riesenschubverbände zugleich an der Schleuse treffen, ist allerdings äußerst unwahrscheinlich. Selbst nach den Prognosen des zuständigen Wasserstraßen-Neubauamtes werden in jeder Fahrtrichtung etwa zwanzig 185-Meter-Schubverbände die Schleuse passieren - nicht täglich allerdings, sondern jährlich!

Überdies bleibt die Kleinmachnower Schleuse vorerst eine »Insellösung«. Weder, die, nachfolgenden,.^rücken werden,

in absehbarer Zeit für die Riesenverbände ausgebaut, noch der Oder-Spree-Kanal. Der Endpunkt der Reise ist demnach der Berliner Osthafen, der für diese Riesenschiffe aber auch nicht ausgelegt ist. Der Osthafen selbst gehört nicht zum Projekt 17 - dessen Ausbau, zu bezahlen vom Berliner Senat, steht in den Sternen. Die Pläne zeichnen sich »durch Rücksichtslosigkeit gegenüber Mensch und Natur aus«, urteilt die BI klar und deutlich. Falsche Unterlagen und fehlende Wirtschaftlichkeit allein stoppen aber, wie Erfahrungen andernorts zeigen, selbst wirklich unsinnige Großprojekte nicht. Die Kleinmachnower machen denn auch politisch Druck.

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