nd-aktuell.de / 01.04.1999 / Politik / Seite 16

Wieso war der BFC so oft DDR-Meister?

Rezept hieß gute Nachwuchsarbeit, nicht Spielerklau oder Schiedsrichterkauf

Die Proanosew

etwas zu kurz gegriffen: Von der DDR dürfte in der Geschichte keinesfalls nur eine Fußnote bleiben. Ebensowenig wie vom DDR-Rekordmeister BFC Dynamo nur eine deutsche Fußballfußnote. Das zeigen nicht nur die Fahnen und Sprüche der Fans in den Berliner Stadien und Hallen, das zeigt auch immer wieder unsere Leserpost.

Zum »EINWURF« von Thomas Wieczorek (ND, 5.3.)

Mit Interesse lese ich häufig Ihre Zeitung, aber... So schreibt Herr Wieczorek am 5.3., daß der BFC Dynamo vor allem deshalb Abo-Fußballmeister der DDR war, weil praktisch alle guten Spieler der Republik hier versammelt waren, und er vergleicht dieses Prinzip mit dem des FC Bayern.

Das ist weit entfernt von den Tatsachen. Und es ist auch ein Zeichen dafür, daß viele Journalisten mit dem BFC Dynamo außer »Mielke« kaum was verbinden. Sie kennen das Innenleben des BFC Dynamo und die dort geleistete Arbeit von Trainern, Übungsleitern, Betreuern nicht, und sie bemühen sich auch nicht, über das Positive dieses Klubs zu berichten. Haben diese Leute Angst, was anderes über den Klub zu schreiben? Wo sind denn in dem Artikel von Herrn Wieczorek die vielen Namen von Oberligaklubs und fertigen Oberligaspielern, die in den letzten 10 BFC-Meisterjahren einen »Marschbefehl« erhielten?

Selbstverständlich wurden in jungen Jahren auch viele Talente aus der Sport-

i hi im e»

vereinigung Dynamo sowie kleinen Vereinen frühzeitig in den Klub delegiert. Aber außer Lauck und Doll sind keine Spieler aus anderen Oberligavereinen im Kader gewesen. Die beiden stehen jedoch in gar keinem Verhältnis zu der Tatsache, daß seit Gründung des BFC Dynamo reihenweise Spieler im eigenen Nachwuchs zu Oberliga- und Nationalspielern entwickelt oder weiterentwickelt worden sind!

Nach der Wende spielten noch 10 BFC-Spieler in der 1. und 2. Bundesliga. Jetzt sind es noch 6, und viele spielen in der Regionalliga selbst beim 1. FC Union (Kosche, Boer, Petrowski, Nikol).

Ich weiß, wovon ich rede. Ich war selbst 14 Jahre aktiver Spieler bei VP/ Dynamo Dresden sowie SC Dynamo Berlin und 31 Jahre Nachwuchstrainer beim SC Dynamo und seit der Gründung beim BFC Dynamo. Ich habe doch nicht zwei Drittel meines Lebens für den Fußballsport in der DDR beim SC Dynamo und BFC Dynamo junge Sportler ausgebildet, um jetzt von Außenstehenden nur Negatives zu lesen! Erfreulich ist allerdings die Tendenz, daß man auch mehr Positives zu hören bekommt.

Herbert Schoen 13055 Berlin