Artur Brauner
Der Berliner Filmproduzent (80) ist mit einer Erpressungsgeschichte in die Schlagzeilen gekommen
Foto: dpa
Was gespielt wird, bestimmt immer noch er selbst - dachte Artur Brauner, Urgestein der Berliner Filmszene, sich vielleicht, als er in einen Krimi der besonderen Art geriet. Seine Tochter Fela Brauner-Rozen soll ihn - vor einigen Jahren schon - erpreßt haben. Die 39jährige Im-
mobilienmaklerin soll mit einer selbstinszenierten Entführung einer ihrer Töchter (oder auch beider) dem Filmproduzenten, der als einer der Reichsten der Stadt gilt, ein Millionen-Lösegeld abgepreßt haben. Brauner habe die Polizei aber nicht eingeschaltet und im stillen gezahlt.
Vielleicht aber war alles ganz anders. Die Kripo, die jetzt gegen Tochter Fela »wegen Verdachts einer vorgetäuschten Straftat« ermittelt, hatte Frau Brauner-Rozen schon Ende Juni im Visier- Betrug, konkret: Bezug des amtlichen Geldes für die Beherbergung bosnischer Kriegsflüchtlinge, aber eben in »nicht zugelassenen« Wohnungen. Über die bekanntermaßen glücklose Geschäftsfrau soll Brauner gesagt haben: »Sie kann gar nicht betrügen, denn sie kann gar nicht rechnen.« Charmant. Und deutlich: Er sei weder erpreßt worden, noch habe er also Lösegeld gezahlt.
Für diese realen oder konstruierten Szenen eines Geschäfts- und/oder Familienlebens, von denen die Polizei erst Schnipsel in der Hand hat, haben Boulevardzeitungen jedoch schon das Schein-
werferlicht aufgeblendet. Ein Film-König auf wackligem Thron - das macht sich gut als Schlagzeile. Das ist filmreif. Ein Blick hinter die Kulissen, und dann Wäsche waschen, auch wenn sie gar nicht schmutzig ist. Der seit Jahrzehnten unverändert agile, ja arbeitswütige Filmmogul mit dem Menjou-Bärtchen und den Samtaugen, den die Branche nur »Atze« nennt, hat vielleicht doch nicht nur Freunde unter den Befrackten und den Leuten mit Ärmelschonern? Man fragt sich, ob ein Makel auf der Weste vielleicht gerade recht ist, um den Blick wegzulenken von Wichtigerem. Der 1918 in Lodz geborene Brauner litt wie 49 seiner Familienmitglieder in der Nazi-deutschen Vernichtungsmaschinerie, konnte sich retten, lebt seit 1946 in einem Deutschland, in dem Machtstreben und Rassenwahn niemals der Nährboden entzogen wurde. Auch wenn er sein Geld mit Unterhaltungskino verdiente, er streitet seit jeher - durch seine anderen Filme wie durch persönliches Engagement - gegen das Vergessen, gegen Rassismus und Neonazismus. Und das ist manchem hierzulande unangenehm. Marion Pietrzok
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/771229.filmreif.html