nd-aktuell.de / 03.08.1999 / Politik / Seite 11

Nicht nur »Lindenstraße«

Peter Hoff

Selbst die seriöse Nachrichtenagentur dpa titelt ihren Nachruf >»Lindenstraßem-Regisseur George Moorse gestorben«. Aber wer nimmt schon, wenn er nicht professionell mit dem Fernsehen befasst ist, die Namen von Serienregisseuren noch wahr? Im Falle von Moorse, gewiß zu Unrecht. Sicher war die Regie der »unkaputtbaren« Serie aus Köln mit Handlungsort München für den Literaten und Filmemacher nicht die Erfüllung seiner Lebensträume. Hans W. Geissendörfer, Erfinder und Produzent der erfolgreichen deutschen Soap, erhoffte sich jedoch von seinen Mitarbeitern Innovation für die Endlosgeschichte um die Beimers und ihre Nachbarn, und Moorse hat diese Hoffnungen als Drehbuchautor und Regisseur nie enttäuscht. Als der gebürtige Amerikaner und Wahl-Hamburger im Alter von 63 Jahren am Freitag Nachmittag an den Folgen eines Herzinfarkts starb, steckte er in den Vorbereitungen zu einer neuen Staffel. Die Dreharbeiten sollten in der nächsten Woche beginnen.

Moorse gehörte wie Geissendörfer zur Generation der »68er«. Er hatte sich Mitte der 60er Jahre als Lyriker exponiert und kam 1966 auf Einladung des legendären »Literarischen Colloquiums« nach Berlin,

im Gepäck neben Gedichten auch einige eigene Underground-Filme. Film und Literatur standen für ihn am Anfang in einem engen Zusammenhang, seine Liebe gehörte der deutschen Romantik, und so waren seine ersten Filme, die er in Deutschland machte, auch Literaturverfilmungen: »Der Findling« nach der Novelle von Heinrich von Kleist (1967) und »Lenz« nach Georg Büchner. Für letzteren Film erhielt er 1971 den Bundesfilmpreis für den besten Film des Jahres. Er drehte aber auch Komödien wie »Kuckucksjahre« (1967) und »Der Griller« (1968), die den Zeitgeist der »wilden Jahre« widerspiegelten. Bis 1972 entstanden elf Fernsehfilme unter seiner Regie.

Mit dem Niedergang des bundesdeutschen Films endete auch der hoffnungsvolle künstlerische Aufbruch des Filmemachers George Moorse. In den folgenden Jahren arbeitete er als Regisseur an Hörspielproduktionen, aber auch an Fernsehshows und Serien. Auch auf dem Gebiet der Literatur war er weiterhin tätig. Bis zu seinem Tode schrieb er an einem satirischen Roman und plante eine Filmversion von Peter Zadecks »Hamlet-Inszenierung. - Sein Denkmal im Fernsehprogramm setzte George Moorse sich selbst: Ende August sendet das ZDF seinen Filmessay über die Brocken-Besteigung des jungen Goethe.