Auf der serbischen Seite sind die meisten Wohnblocks heil geblieben. Doch auch hier stehen vereinzelt verkohlte Ruinen. Die Häuserwände und Türen sind mit dem Symbol der serbischen Nationalisten, dem Cetnik-Kreuz, bepinselt. Wie im anderen Teil der Stadt ist auch hier die KFOR überall präsent. Doch die Stimmung ist angespannter. Durch die Straßen laufen Gruppen von jungen Männern mit Kurzhaarschnitt und breiten Schultern, viele von ihnen könnten als Türsteher arbeiten. Frauen und Kinder sieht man kaum.
ND-Karte: Wolfgang Wegener
»Wir befinden uns im Belagerungszustand«, erklärt Zlatko. »Würden wir uns nicht verteidigen, kämen die Albaner und würden hier alles kurz und klein schlagen.« Seine Befürchtungen sind nicht aus der Luft gegriffen. Immer wieder werden in Kosovo orthodoxe Kirchen angezündet, 30 Menschen werden jede Woche ermordet, zur Zeit hauptsächlich Serben und Roma. Aus dem albanischen Teil Mitrovicas mussten seit der Einstellung der Luftangriffe und der Rückkehr der albanischen Flüchtlinge die meisten Serben aus Angst um ihr Leben über die Brücke flüchten - vertrieben von albanischen Nationalisten, die jetzt Rache üben. Die Albaner sind bereits während des Krieges aus dem serbischen Teil vertrieben worden und haben nun keine Chance, in ihre Häuser auf dieser Seite der Brücke zurückzukehren.
»Die Lage ist kompliziert«, sagt ein Mitarbeiter der OSZE. »In Mitrovica wird sich entscheiden, ob es in Zukunft ein multiethnisches Kosovo gibt oder nicht«,
schätzt er die Lage ein. Zur Zeit deutet allerdings alles darauf hin, dass ein Zusammenleben von Albanern und Serben schwer möglich sein wird, zu groß ist der Hass auf beiden Seiten. Die kleineren ethnischen Gruppen, wie die Roma, werden zwischen beiden Lagern zerrieben. Auf der albanischen Seite hat die selbsternannte provisorische Regierung unter UCK-Chef Hasim Thaqi einen Bürgermeister eingesetzt. Bajram Rexaphi war früher Arzt und schloss sich während des Kriegs der UCK an, jetzt soll er eine zivile Verwaltung in Mitrovica aufbauen und residiert im Rathaus.
Auch die Serben haben einen eigenen Bürgermeister für ihren Teil der Stadt ernannt, Oliver Ivanovic. Der UNMIK (United Nations Mission in Kosovo), die eigentlich für den Aufbau einer zivilen Verwaltung zuständig wäre, bleibt nichts anders übrig, als sich mit den realen Machtverhältnissen zu arrangieren.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/775757.auf-der-anderen-seite-das-cetnik-kreuz.html