nd-aktuell.de / 12.10.2005 / Ratgeber

Nachweis und Begründung von Überstunden notwendig?

Wir sind in der Verwaltung eines Unternehmens beschäftigt und leisten bei entsprechenden Erfordernissen auch Überstunden. Bisher gab es keine Probleme mit der entsprechenden Vergütung. Jetzt verlangt der neue Abteilungsleiter einen konkreten Nachweis, warum über die Arbeitszeit hinaus gearbeitet wurde.
Hans-Jochen H., Dessau

Leistet ein Arbeitnehmer über seine individuelle Arbeitszeit hinaus zusätzliche Arbeit, so hat er Anspruch auf Bezahlung der Überstunden und gegebenenfalls auch der Überstundenzuschläge. In der Regel sind Überstunden vom zuständigen Leiter anzuordnen. Sie können aber auch vom Betrieb billigend entgegengenommen werden.
Überstunden gilt als stillschweigend angeordnet, wenn der Leiter dem Arbeitnehmer Arbeiten zuweist, die nur unter Überschreitung der zulässigen Arbeitszeit geleistet werden können, und der Arbeitgeber die Erwartung ihrer baldigen Erledigung zum Ausdruck bringt.
Im Streitfall muss der Arbeitnehmer seine geleisteten Überstunden im einzelnen so darlegen können, dass nachvollzogen werden kann, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Erfolgt der Nachweis durch den Arbeitnehmer, so kann nach richterlicher Auffassung der Arbeitgeber das Vorliegen der Mehr- oder Überstundenarbeit nicht bestreiten. Ihm ist dann zuzumuten, anhand seiner Unterlagen die Arbeitszeit des Arbeitnehmers nachzuvollziehen.
Eines sollte jedoch grundsätzlich beachtet werden: Leistet der Arbeitnehmer ohne eine ausdrückliche Anordnung Überstunden, sollte er entweder zuvor seinen Vorgesetzten ausdrücklich darauf hinweisen oder sich die zusätzliche Arbeitsleistung unmittelbar vom Vorgesetzten schriftlich bestätigen lassen. Das erleichtert wesentlich die Beweislast, die der Arbeitnehmer in diesen Fällen für die Leistung von Überstunden trägt.

Keine Entgeltfortzahlung bei eigenem Verschulden?
In der Mittagspause verließ ein Kollege den Betrieb und suchte eine Gaststätte auf. Auf dem Rückweg stürzte er und zog sich eine Unterarmfraktur zu. Darf der Arbeitnehmer die Entgeltfortzahlung verweigern?
Andreas D., Burg

Lehnt der Arbeitgeber eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ab, auf die der Arbeitnehmer nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz einen Anspruch hat, so muss er beweisen können, dass der Arbeitnehmer den Arbeitsunfall schuldhaft verursacht, d.h. besonders leichtfertig, grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Das gilt auch bei einem Wegeunfall.
Ein Verschulden wird angenommen, wenn der Unfall auf Grund eines übermäßigen Alkoholgenusses eingetreten ist und dies die alleinige Unfallursache war. Allein die Tatsache, dass der Arbeitnehmer in der Mittagspause eine Gaststätte aufgesucht hat, rechtfertigt eine Ablehnung der Entgeltfortzahlung nicht.
Damit ein Unfallversicherungsschutz besteht, muss allerdings eine sachliche Verbindung zwischen der Betriebstätigkeit und dem Weg vom und zum Betrieb bestehen. Ein solcher Zusammenhang ist nach richterlichen Entscheidungen gegeben, wenn in der Mittagspause zum Ort einer Nahrungsaufnahme oder zum Einkauf von Lebensmitteln zum alsbaldigen Verzehr zurückgelegt werden. Dies sind »unaufschiebbare notwendige Handlungen, um die Arbeitskraft des Versicherten zu erhalten und ihm damit unmittelbar zu ermöglichen, die betriebliche Tätigkeit fortzusetzen«.
Liegt nach Prüfung der Sachlage kein für den Unfall ursächlicher Alkoholmissbrauch vor, muss der Unfall als Wegeunfall anerkannt werden. Der Arbeitgeber ist zur Entgeltfortzahlung verpflichtet.

Sind unterschiedliche Gehälter zulässig?
Im Ingenieurbüro unseres Betriebes arbeiten mehrere Kollegen. Jetzt haben wir erfahren, dass einer unserer Kollegen eine Gehaltserhöhung erhalten hat, zwei Kollegen aber bereits länger als er hier arbeiten. Ist eine solche unterschiedliche Bezahlung rechtens?
Conrad F., Dresden

Auf ein auf der Grundlage eines Tarifvertrages zu zahlendes oder im Arbeitsvertrag vereinbartes Gehalt besteht für den Arbeitnehmer ein Rechtsanspruch. Kein Rechtsanspruch besteht aber auf eine Lohn- und Gehaltserhöhung, die der Arbeitgeber über die tarifliche Vergütung hinaus gewährt. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit könnte auf die Gehaltshöhe nur dann eine Rolle spielen, wenn dies im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festgelegt worden ist.
Arbeitnehmer, die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben, können durchaus ein unterschiedliches Gehalt beziehen. Ein Anspruch auf Gehaltserhöhung kann nicht auf Vergleichswerte gestützt werden. Der Arbeitgeber ist durchaus berechtigt, besondere Leistungen eines Arbeitnehmers durch eine Gehaltserhöhung anzuerkennen.

Dr. PETER RAINER