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Berlin versinkt im Marathon

Der Kenianer Geoffrey Mutai triumphiert in schnellem Rennen, ebenso die die Äthiopierin Aberu Kebede

  • Ralf Jarkowski, dpa
  • Lesedauer: 4 Min.
Geoffrey Mutai heißt der strahlende Sieger des 39. Berlin-Marathons - den erhofften Weltrekord verpasst der Kenianer um 37 Sekunden. Ihren zweiten Erfolg feiert die Äthiopierin Aberu Kebede. Jan Fitschen bleibt trotz Zwangspause zweieinhalb Minuten unter seiner Bestzeit.
Erst Bummelstart, dann Sprinteinlage - doch am Ende fehlten die Körner: Weil auf den letzten 2000 Metern der gefürchtete Mann mit dem Hammer kam, hat Marathonkönig Geoffrey Mutai den erhofften Weltrekord in Berlin verpasst. Vor einer Million begeisterter Zuschauer triumphierte der Favorit aus Kenia am Sonntag bei der 39. Auflage des Klassikers zwar in 2:04:15 Stunden, blieb aber 37 Sekunden über der Bestmarke seines Landmannes Patrick Makau.

»Ich war eigentlich ganz entspannt, weil der Weltrekord immer möglich war. Doch die Zwischenzeiten haben mich etwas irritiert«, sagte Mutai, dem auf der Straße des 17. Juni am Ende des 42,195-Kilometer-Rundkurses die Kraft ausging. »Bei Kilometer 33 haben wir nochmal Gas gegeben, aber ich hatte dann Schmerzen im linken Bein und in der linken Hüfte.« Renndirektor Mark Milde räumte ein, dass die Anzeige der Kilometerzwischenzeiten für die Spitze nicht korrekt funktioniert hat.

Dennoch war der 30 Jahre alte Mutai »absolut glücklich« mit seiner Jahresweltbestzeit. Als schnellster Marathondebütant der Geschichte wurde Dennis Kimetto nur um eine Sekunde geschlagen Zweiter. Als Dritter in 2:06:12 machte Geoffrey Kipsang den Triumph von Kenias Läufern perfekt.

Trösten darf sich Mutai mit einem satten »Sonntagsgeld« von 459 000 Euro. Für seinen Sieg kassierte er 40 000 Euro, dazu einen Bonus von 30 000 Euro, weil er unter 2:04:30 Stunden geblieben war. Doch große Kasse macht der 30-Jährige nun, weil der letztjährige Sieger von Boston und New York vorzeitig die Serie World Marathon Majors der Jahre 2011/2012 gewonnen hat. Dies bringt Mutai 389 000 Euro ein.

Ihren zweiten Sieg in Berlin nach 2010 feierte die Äthiopierin Aberu Kebede, die sich in der persönlichen Bestzeit von 2:20:30 vor ihrer Teamkollegin Tirfi Tsegaye (2:21:19) durchsetzte. Dritte wurde Olena Schurgno aus der Ukraine (2:23:32). Anna Hahner aus Fulda kam in 2:30:37 Stunden als Achte ins Ziel - Bestzeit um 23 Sekunden verpasst. »Ich habe alles gegeben, die Bedingungen waren optimal, die Stimmung an der Strecke war atemberaubend. Daran hat es mit Sicherheit nicht gelegen«, meinte die 22-Jährige.

Eine ganz starke Vorstellung bot Jan Fitschen. Der Wattenscheider - 2006 in Göteborg Sensationseuropameister über 10 000 Meter - blieb in 2:13:10 trotz einer Toilettenpause gleich 2:30 Minuten unter seiner persönlichen Bestzeit. »Und das in Berlin, alter Schwede! Marathon ist immer ein Risiko und immer wie eine Berg-und-Tal-Fahrt. Jetzt bin ich auf dem Berg«, sagte der 35-Jährige, der in dem Klassefeld 14. wurde.

Nahezu 41 000 Läuferinnen und Läufer nahmen pünktlich um 9 Uhr die 42,195 Kilometer in Angriff. Zuvor waren die Rollstuhlfahrer und Handbiker gestartet. Etwa jeder zweite Läufer kam aus Deutschland, darunter rund 5000 Berliner.


Der heimliche Weltrekordler

Der Kenianer Geoffrey Mutai (Foto: dpa/Johannes Eisele) lief beim Marathon in Berlin unter anderem gegen die Dopinggerüchte, die jüngst den kenianischen Leichtathletik-Verband trafen.

»Wenn alles perfekt ist und das Wetter mitspielt, ist eine Zeit unter 2:03 Stunden drin«, sagte Mutai vor dem Rennen. 2011 lief sein Landsmann Patrick Makau an der Spree den bis heute gültigen Weltrekord (2:03:38). Nun stand Mutai im Mittelpunkt. Eigentlich ist er schon der Weltrekordler. Beim Boston Marathon 2011 lief er sensationelle 2:03:02 Stunden, doch die Strecke entspricht nicht den Kriterien des Weltverbandes IAAF, so dass die Zeit nicht als Weltrekord gewertet wurde. Das Gefälle dort ist mit 193 m zu groß. Dennoch sorgte die Zeit für Aufsehen. Mutai kam ausgeruht nach Berlin. Schließlich war er bei Olympia nicht am Start, weil ihn Kenias Verband überraschend nicht nominiert hatte.

Aktuell hat Kenias Leichtathletik andere Sorgen, der Verband bestätigte ein Dopingproblem. Allein im Juli waren innerhalb von nur drei Tagen vier positive Fälle aufgetaucht. Nach Monaten des Abstreitens hat Kenias Verband nun erstmals bestätigt, dass Dopingvorwürfe gegen mehrere Ärzte geprüft werden. Sie sollen Läufern verbotene Substanzen injiziert haben. »Ich hatte nie Kontakt zu Ärzten, die mir verbotene Mittel verabreichen wollten«, sagte Mutai, der sich vor der Presse in Berlin vehement für einen sauberen Sport aussprach.

Hauptproblem ist, dass in Kenia keine Blutdopingkontrollen durchgeführt würden. »Die notwendigen Voraussetzungen dafür konnten in Kenia bisher nicht geschaffen werden. Für Blutproben, deren Transport und Analyse gibt es strenge Vorgaben. Die sind dort nicht erfüllt«, hatte IAAF-Medizinchef Gabriel Dollé erklärt. dpa/nd

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