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Fröhliche Wissenschaft

In Harvard wurden die Ig-Nobelpreise verliehen

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 3 Min.

Eigentlich sollte man glauben, dass jeder, der einen Nobelpreis erhält, sich über diese Ehrung freut. Das ist jedoch nicht immer so. Der seit 1991 von der Harvard University vergebene »Ig-Nobelpreis« (von ignoble = unwürdig, schmachvoll) wurde von manchen Laureaten aus Verärgerung nicht einmal persönlich in Empfang genommen. Denn der Preis gilt als »Lohn« für wissenschaftliche Arbeiten, die so abseitig sind, dass niemand sie wiederholen sollte. Urheber dieser Idee ist Marc Abrahams, der Herausgeber der Zeitschrift »Annals of Improbable Research« (Annalen der unwahrscheinlichen Forschung), der sein Anliegen einmal so begründete: »Wir wollen die Leute zuerst zum Lachen und dann zum Nachdenken bringen.«

In der Kategorie Physik ging der Ig-Nobelpreis in diesem Jahr unter anderem an Raymond Goldstein von der Universität Cambridge, der untersucht hat, wie sich aus der Beschaffenheit eines einzelnen von zahllosen Kopfhaaren die Form eines Pferdeschwanzes berechnen lässt. Außerdem bestimmte er das Kräftegleichgewicht, das notwendig ist, damit ein Pferdeschwanz beim Laufen anmutig wippt.

Rouslan Krechetnikov und Hans Mayer von der University of California erhielten den Preis in der Kategorie Strömungslehre. Denn sie fanden heraus, wie man eine Tasse Kaffee transportieren kann, ohne dabei etwas zu verschütten. Ihre Arbeit über die Schwappfrequenz von Kaffee in Trinkbehältern fand sogar Eingang in das renommierte Fachblatt »Physical Review E«.

Einen weiteren Ig-Nobelpreis teilen sich drei niederländische Forscher, die wissen wollten, wie sich die menschliche Wahrnehmung verändert, wenn man den Körper zur Seite neigt. Ihre Antwort: Bei einer Neigung nach links erscheint zum Beispiel ein Turm kleiner als bei einer Neigung nach rechts. Zu Ig-Nobelpreisträgern für Medizin wurden 2012 die Franzosen Emmanuel Ben-Soussan und Michel Antonietti gekürt. Beide haben eine Methode entwickelt, die bei Darmspiegelungen verhindern soll, dass die angestauten Gase durch ein medizinisches Gerät zur Explosion gebracht werden. Der Preis für Neurowissenschaften ging an vier US-Amerikaner, die mit einem Magnetresonanz-Tomografen bei einem toten Lachs noch eine Hirnaktivität nachweisen konnten. Das heißt, das Gerät erzeugte falsch-positive Signale, die es auch bei anderen Hirnuntersuchungen durchaus zu berücksichtigen gilt.

Ähnlich wie bei der Vergabe der »echten« Nobelpreise wartet man in Harvard mit Spannung auf die Bekanntgabe der Laureaten in den Kategorien Frieden und Literatur. Der Ig-Nobelpreis für Frieden ging 2012 an die russische Firma »SKN Company« für ihren Beitrag zur »glanzvollen Abrüstung«. Denn den Ingenieuren dort ist es gelungen, alte Munition in winzige Diamanten zu verwandeln. Mit dem Literaturpreis wurde das US-Rechnungsprüfungsamt ausgezeichnet, welches einen Bericht veröffentlicht hat, der sich mit Berichten befasst, die ihrerseits über Berichte berichten.

Die meisten Laureaten nehmen den Ig-Nobelpreis inzwischen freudig in Empfang, auch um in der Fachwelt mehr Aufmerksamkeit zu erregen. Letzteres gilt nicht für den Holländer Frans de Waal, der schon seit Jahren zu den international führenden Primatenforschern zählt. Er erhielt 2012 den Ig-Nobelpreis für die Entdeckung, dass Schimpansen einander nicht nur am Gesicht erkennen, sondern auch am Hinterteil.

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