Kein Kundengeld für riskante Geschäfte

Mit der Abtrennung des Investmentbankings fordern europäische Experten radikale Reformen im Bankensektor

  • Lesedauer: 2 Min.
Großbanken sollen Kundengeschäft und Investmentbanking strikt trennen, empfiehlt eine EU-Expertengruppe. Aus der Branche kommt Widerstand. Ob die Empfehlungen jemals Gesetz werden, ist offen.

Brüssel (dpa/nd). Eine hochrangige EU-Expertengruppe fordert die Spaltung von Großbanken in separate Einheiten. Wenn große Geldhäuser wie etwa die Deutsche Bank mit mehr als 15 Prozent ihres Vermögens selbst Handel treiben, sollten sie das Investmentbanking rechtlich strikt vom Kredit- und Einlagengeschäft trennen müssen. Das empfahlen Fachleute unter Leitung des finnischen Zentralbankchefs Erkki Liikanen am Dienstag in Brüssel. Auf diese Weise werde verhindert, dass Banken Verluste aus riskanten Geschäften mit dem Ersparten ihrer Kunden ausgleichen und der Steuerzahler wankende Banken retten müsse.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat ein vergleichbares Modell zur Bankenreform vorgeschlagen. In der Finanzbranche stößt eine solche Aufspaltung jedoch auf Widerstand. Die deutsche Kreditwirtschaft fürchtet um ihr Geschäftsmodell und sieht Nachteile für den Wirtschaftsstandort. Auch die Deutsche Bundesbank steht den Vorschlägen skeptisch gegenüber.

Ob die Empfehlungen der elfköpfigen Expertengruppe Eingang in die Gesetzgebung findet, ist allerdings offen. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier, der den Bericht beim ehemaligen EU-Kommissar Liikanen in Auftrag gegeben hatte, nannte den Liikanen-Bericht »einen Grundstein unserer Arbeit«. Laut Bericht sollen Banken riskante Geschäfte (wie Spekulationen mit Wertpapieren, Börsengeschäfte oder Kreditvergabe an Hedgefonds) von Konten und Krediten normaler Kunden trennen, wenn diese eine gewisse Größe erreichen. Maßgabe ist, dass die Investmentbanksparte Vermögenswerte von mehr als 100 Milliarden Euro umfasst oder einen Anteil von mindestens 15 Prozent der gesamten Bilanzsumme ausmacht. »Die kleinsten Banken sollten vollständig von der geforderten Trennung ausgenommen werden», heißt es im Bericht.

Liikanen sagte: »Wir müssen wegkommen von einem System, in dem die Profite privat und die Verluste öffentlich sind und zu Lasten des Steuerzahlers gehen.« Für Regierungen sei es mit dem neuen Modell leichter, gefährliche Sparten pleitegehen zu lassen und erleichtere auch die Kontrolle sowie Abwicklung von Banken.

Zudem spricht sich die Expertengruppe auch dafür aus, dass die EU von den Instituten verlangt, mehr Kapital vorzuhalten, etwa zur Absicherung von Immobiliengeschäften. Auch für Bonuszahlungen von Bankmanagern soll es Regeln geben. Banken warnten vor daraus resultierenden Nachteilen für Industrie und Wirtschaft. Aus dem Europaparlament kam Zustimmung von Grünen und Sozialdemokraten. Die EU-Kommission müsse die Vorschläge der Liikanen-Gruppe »zügig in Gesetzvorschläge übersetzen», forderte der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold. Das Trennbankensystem sei überfällig, sagte auch Udo Bullmann (SPD).

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal