nd-aktuell.de / 08.10.2012 / Kommentare / Seite 4

Der Fürst

Der Maler Markus Lüpertz will den Koran illustrieren

Hans-Dieter Schütt

Er illustrierte soeben das deutsche Grundgesetz, »unser wichtigstes Buch, es folgt den Zehn Geboten«, seine Skulptur »Philosophin« steht im Kanzleramt, im Bundesgerichtshof hängt der Bronze-Adler, mit dem sich Deutschland traditionsgemäß wappnet. Viel Nähe zum Offiziellen, die auch misstrauisch machen kann. Nun möchte Markus Lüpertz den Koran illustrieren - er erinnert den Maler ans Grundgesetz. Insofern wäre eine solche Illustration eine Illustrierung, nämlich der These, der Islam gehöre zu Deutschland.

Lüpertz wurde 1941 im böhmischen Liberec geboren, 1948 floh die Familie ins Rheinland. Lüpertz beginnt eine Lehre als Gestalter von Weinflaschenetiketten, muss sie wegen Talentlosigkeit abbrechen. Die nächste Station ist abenteuerlicher: Er wird Fremdenlegionär. Wieder talentlos, diesmal als Killer: Vorm ersten Einsatz in Algerien haut der 17-Jährige ab. Dann Bergwerk. Dort ebenfalls talentlos. Jetzt blieb als letzte Ausflucht - die Kunst. »Da brauchte ich kein Talent«, sagt er später selbstironisch. Ein Studium an der Akademie in Düsseldorf ist quasi der Schnupperkurs für einen lebensbestimmenden Aufenthalt. Lüpertz wird die Kunstakademie 20 Jahre lang leiten, bis 2009.

Als Achtundsechziger hatte er ebenfalls kein Talent. Er wird lieber zum »Fürsten« mit Fliege am Hals und einer herablächelnden Art ohnegleichen. Er liebt das Exaltierte, den Totenkopf auf dem Fingerring, den majestätischen Gehstock. Der Dandy der deutschen Malerei. Die sich nicht unbedingt (mehr) als Problem erlebt, eine eher angestrengte Aristokratie, Meisterschaft des jeweils aktuellen Konversationsbildes.

Das war mal anders. Er stritt mit realistischer Kunst gegen das Abstrakte. Er installierte deutsche Symbolik - Stahlhelme, Eicheln und Eichenlaub - zum grellen Ereignis; seine Malerei nannte er »dithyrambisch« - Bezeichnung für den Wiederholungszwang, Bilder gleich drei Mal zu »schöpfen«. Jedes neue Bild nicht neu, sondern nur eins mehr. Kunst als Massierung von Eindruck.

Talent für den Koran? Eines immerhin ist gewiss: Karikaturist war Lüpertz nie.

Hans-Dieter Schütt