Die Geburt des Rettungsschirms

Am Montag trat der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) in Kraft

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.
700 Milliarden schwer ist der EuroRettungsschirm. Hilfskredite gibt es von ihm nur gegen strenge Auflagen.

Er soll eine »Brandmauer« Europas gegen die Krise sein. Mit den Unterschriften der 17 Finanzminister der Euro-Länder wurde gestern in Luxemburg der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) aus der Taufe gehoben. Er löst den provisorischen Rettungsschirm EFSF ab. Bereits im Vorfeld wurden Spanien für die Rettung seiner maroden Banken 100 Milliarden Euro zugesagt.

Eigentlich hätte der ESM schon Anfang Juli in Kraft treten sollen. Doch nachdem Bundesrat und Bundestag seiner Gründung im Juni zugestimmt hatten, reichte unter anderem die Bundestagsfraktion der LINKEN beim Verfassungsgericht Klage gegen den ESM-Vertrag ein. Sie kritisierte, dass mit dem Vertrag Haushaltsrechte des Bundestags an die europäische Ebene abgetreten werden, ohne dass dort vergleichbare demokratische Rechte des Parlaments existieren. Ende September genehmigte das Gericht den Rettungsschirm.

Bis zu 500 Milliarden Euro kann der neue Fonds notleidenden Euro-Ländern als Hilfskredite gewähren. Damit das funktioniert, müssen die 17 Mitgliedsländer den Stabilitätsmechanismus mit einem Kapital von 700 Milliarden Euro ausstatten. Bis Anfang 2014 müssen in fünf Tranchen davon 80 Milliarden Euro bar eingezahlt werden. Der Rest sind Garantien. Deutschland ist mit 21,7 Milliarden Euro Barkapital und 168,3 Milliarden Euro Garantien der größte Geldgeber des ESM. Im schlimmsten Fall müsste das Land 190 Milliarden Euro abschreiben. Damit ist der Rettungsschirm laut Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker mit seinem Sitz in Luxemburg weltweit die größte internationale Finanzinstitution.

Nun kann ein krisengeplagtes Euro-Land einen Hilfsantrag an den Gouverneursrat des ESM richten. Dieser besteht aus den Finanzministern der Mitgliedsländern. Künftiger Chef des Stabilitätsmechanismus ist der Deutsche Klaus Regling. Für die Bundesregierung ist der Rettungsschirm ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung des Euro-Raums. »Dies ist ein guter Tag für Europa«, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Der ESM sei »ein Ausdruck europäischer Solidarität«.i

Gelder vom ESM erhalten Länder nur, wenn sie strenge Reformauflagen erfüllen. »Mit dem ESM wird der ultra-neoliberale Umbau Europas vorangetrieben«, sagte Michael Schlecht, Wirtschaftsexperte bei der Bundestagsfraktion die LINKE. Dies treibe eine Spirale aus Kürzungen und sinkender Wirtschaftsleistung an. »Der ESM sorgt dafür, dass Banken und Vermögende bei diesem Prozess schadlos bleiben«, so Schlecht

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