nd-aktuell.de / 09.10.2012 / Ratgeber / Seite 13

Invasion der Grundeln

Fische aus dem Schwarzen Meer dominieren an manchen Rheinabschnitten bereits die Tierwelt

Christian Schulz, dpa
Sie sind unscheinbar und nur einige Zentimeter groß: Grundeln. Fünf Arten dieses Fisches breiten sich massiv gerade in Rhein uns Mosel aus - auch Rh. Nach Einschätzung eines Experten könnten dadurch gravierende Probleme entstehen.

Koblenz. Fremde Fischarten wie Grundeln dringen nach Einschätzung eines Experten massiv in die Flusssysteme von Rhein und Mosel ein. »Es ist möglich, dass sie sich zu einem gravierenden Problem für einheimische Arten entwickeln«, sagte Christian von Landwüst, Fischereibiologe der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) in Koblenz, in einem dpa-Gespräch.

Solche sogenannten invasiven Fischarten waren unlängst auch Thema bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Limnologie (Binnengewässerkunde) in Koblenz. Sie wurde von der Universität Koblenz-Landau und der BfG ausgerichtet.

»Im Fall der Grundel ist es wirklich sehr massiv«, sagte von Landwüst. In den vergangenen Jahrzehnten hätten sich fünf Arten, die ursprünglich aus der Region des Schwarzen Meeres kamen, vor allem über die Donau und den Main-Donau-Kanal bis in Rhein, Mosel und andere deutsche Flüsse ausgebreitet. Diese langen Wege legen die 10 bis 20 Zentimeter langen Fische vor allem in Ballastwassertanks von Schiffen zurück. So haben sie es sogar über den Atlantik bis in die Flusssysteme Nordamerikas geschafft, wie von Landwüst erklärte. Inzwischen handele es sich bei an manchen Ufern von Rhein und Mosel gefangenen Fischen schon zu 70 bis 90 Prozent um Grundelarten. An manchen Stauhaltungen an der Mosel, wo vor einigen Jahren noch Tausende Jungtiere einheimischer Arten gesichtet worden seien, fänden sich nur noch wenige hundert. Gleichzeitig gebe es dort viele Grundeln, die sich im Gegensatz zu zahlreichen einheimischen Fischen mehrmals im Jahr vermehrten und früh geschlechtsreif seien.

Der starke Schiffsverkehr und Veränderungen der Flusslandschaft hätten die Verbreitung begünstigt, sagte der Experte. So gebe es etwa im Rhein zahlreiche Steinschüttungen am Ufer, um Wellen zu brechen. Diese Bereiche kämen der Grundel sehr entgegen, die auch in Küstengebieten mit ähnlicher Brandung lebe. »Sie können sich auch in den von Schiffswellen geprägten Ufergefilden gut zurechtfinden.« Mit einem Saugnapf aus verwachsenen Bauchflossen schaffen sie es, sich an Steinen festhalten - im Gegensatz zu vielen einheimischen Fischen, die schneller abtreiben und dann schwerer Nahrung finden.

Die Grundel wieder ganz zu vertreiben, sei nahezu unmöglich, sagte von Landwüst. Stattdessen müssten einheimische Arten gefördert werden, etwa indem lang gestreckte ufernahe Inseln angelegt würden. In den geschützten Bereichen dahinter gebe es dann kaum Brandung oder Schiffswellen. Flachwasserzonen, die bereits in den vergangenen Jahren an Rhein und Mosel angelegt worden seien, würden von einheimischen Fischen gut angenommen. »Das sind wahre Kinderstuben«, sagte von Landwüst.