Merkel zu Kurzbesuch in Athen eingetroffen

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Athen (dpa/nd) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist zu ihrem ersten Besuch seit Beginn der Euro-Schuldenkrise in Griechenland eingetroffen. Ministerpräsident Antonis Samaras begrüßte Merkel am Dienstag auf dem Athener Flughafen mit militärischen Ehren.Bei dem eintägigen Besuch sind Gespräche mit Samaras und Staatspräsident Karolos Papoulias geplant. Zudem will die Kanzlerin griechische und deutsche Unternehmer treffen.

Während Merkels Aufenthalt gelten in der griechischen Hauptstadt massive Sicherheitsvorkehrungen, mehrere tausend Polizisten sollen im Einsatz sein. Opposition und Gewerkschaften haben zu Protesten gegen Sparauflagen aufgerufen, die der hoch verschuldete Euro-Partner für internationale Hilfen umsetzen soll. Schon kurz vor der Landung Merkels hatte in der griechischen Hauptstadt die erste Demonstration begonnen. Am zentralen Omonoia Platz versammelten sich einige hundert Mitglieder und Anhänger der Kommunistischen Partei (KKE). «Jetzt Volksaufstand gegen die Sparpolitik», skandierten sie. Laut Staatsfernsehen wurden rund 20 verdächtige Jugendliche in Polizeigewahrsam genommen.

In Athen gab es scharfe Sicherheitsvorkehrungen, mehrere Tausend Polizisten sollten im Einsatz sein. Das Regierungsviertel war großräumig abgesperrt, dort wurde ein Demonstrationsverbot verhängt. Opposition und Gewerkschaften hatten zu Massenprotesten gegen die Sparauflagen aufgerufen. Merkel war mehrfach von Demonstranten persönlich für die Krise in Griechenland verantwortlich gemacht und mit Nazi-Vergleichen überzogen worden.

Kurz vor Merkels Besuch hatten die Euro-Finanzminister sowie der Internationale Währungsfonds (IWF) den Druck auf Griechenland nochmals erhöht. Die Geldgeber setzten Athen eine Frist bis zum 18. Oktober, um die schon vor Monaten vereinbarten Spar- und Reformmaßnahmen vollständig umzusetzen. Die internationalen Kreditgeber haben bisher noch nicht das neue Sparprogramm Athens in Höhe von 14,5 Milliarden Euro akzeptiert. Sie sind aber entschlossen, das krisengeschüttelte Land nicht Pleite gehen zu lassen. Die nächste Hilfsrate von 31,5 Milliarden Euro aus dem laufenden Rettungsprogramm solle spätestens im November ausgezahlt werden, sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn am Dienstag in Luxemburg am Rande der Beratungen der EU-Finanzminister.

Die seit Anfang Juni amtierende Regierung unter Samaras hofft auf finanzielle Erleichterungen und Zugeständnisse der Geldgeber. Vor Merkels Abflug hatte die Bundesregierung Hoffnungen der Griechen auf neue Hilfszusagen gedämpft. Von Merkel seien keine Mitbringsel zu erwarten, hieß es. Grundlage für alle Entscheidungen sei der Bericht der Troika, der spätestens im November erwartet wird. Der konservative griechische Regierungschef stimmte sein Kabinett nach Informationen der "Bild"-Zeitung (Dienstag) am Montag auf einen Neuanfang ein. "Wir beginnen ein neues Kapitel in den Beziehungen unserer Länder", sagte Samaras demnach.

Die Euro-Länder begrüßten insgesamt den Sparkurs Griechenlands: "Ich bin beeindruckt von dem Willen Griechenlands zur Umsetzung", sagte Juncker. Zustimmung kam auch von IWF-Chefin Christine Lagarde: "Es gibt Fortschritte vor Ort, aber es muss noch mehr getan werden, und zwar an allen Fronten." Dazu zählten Sparmaßnahmen und Reformen: "Handeln heißt handeln - nicht reden."
Das hoch verschuldete Land besorgte sich am Dienstag mit einer Geldmarktauktion kurzfristig frisches Geld in Höhe von 1,3 Milliarden Euro. Der Zinssatz der Papiere mit einer Laufzeit von einem halben Jahr habe bei 4,46 Prozent gelegen, teilte die Schuldenagentur (PDMA) mit. Anfang September hatte Griechenland bei einer vergleichbaren Versteigerung noch einen etwas höheren Zinssatz von 4,54 Prozent akzeptieren müssen. Athen braucht das Geld dringend, um die Zeit bis zur Freigabe neuer Hilfsmilliarden zu überbrücken.


Linke-Chef Bernd Riexinger warf Merkel vor, mit ihrer Politik eine Erholung der griechischen Wirtschaft zu verhindern. "Wir machen sie dafür verantwortlich, dass jetzt die Wirtschaft in Griechenland auf diesem Weg nicht auf die Beine kommt", sagte er im Deutschlandfunk. Riexinger will in Athen bei den Protesten als Redner auftreten. Der CDU-Europapolitiker Gunther Krichbaum kritisierte den Linke-Vorsitzenden. Dieser heize die Proteste durch seine Teilnahme an.

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