Versammmlungsrecht oder Zivilcourage

Stadt Pirmasens verbietet Nazikonzert wegen Kommerz / Erstes Verbot nach einer Reihe von rechten Veranstaltungen

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Am Samstag wollen sich Nazis in Pirmasens treffen. Prominente braune Bands werden erwartet. Für die Stadt ist ein kommerzielles Fest nicht vom Versammlungsrecht gedeckt. Sie hat das Konzert verboten.
Ein Konzert sorgt für Ärger. Die Nazipartei NPD lädt für Samstag zu einer Kundgebung und einem Familienfest in den Strecktalpark in Pirmasens. Mitten im Zentrum der rheinland-pfälzischen Kleinstadt sollten NPD-Redner sprechen und Bands spielen.
Und die haben es in sich. Neben braunen Rock-Kapellen wie »Legion Condor« aus Stuttgart und »Aufbruch« aus Mannheim prominenter Headliner: Die »Lunikoffverschwörung« um Sänger Michael Regener, den Kopf der 2005 vom Bundesgerichtshof zur kriminellen Vereinigung erklärten Naziband »Landser«. Die Kombo galt über Jahre als erfolgreichste Band der rechten Szene.
Die Stadt Pirmasens hat das braune Treiben untersagt, am vorigen Freitag erging die Verbotsverfügung. »Nach Informationen des Ordnungsamtes handelt es sich eher um eine kommerzielle Konzertveranstaltung als um eine politische Kundgebung«, sagt Sprecherin Dunja Maurer gegenüber »nd«. Damit sei die Veranstaltung nicht vom Versammlungsrecht gedeckt. Der Strecktalpark sei überdies eine »Erholungsfläche« und für derartige Konzerte nicht geeignet. Die Veranstalter rechnen mit »Minimum 200« Besuchern, sagt NPD-Stadtrat Markus Walter. Es sei nicht die erste derartige Veranstaltung in Pirmasens, aber das erste Mal, dass die Stadt ein Verbot erlassen habe.
Tatsächlich erfreut sich Pirmasens bei Nazis einer gewissen Beliebtheit. Die NPD-Landeszentrale hat ihren Sitz hier, bei Veranstaltungen treten prominente Redner von der Bundespartei auf. In den letzten Jahren fanden mehrere Naziveranstaltungen statt. Im August 2011 spielte die rechtsextreme Hooligan-Gruppe »Kategorie C« auf, am 1. Mai marschierten Nazis durch die Innenstadt.
Frank Eschrich, der für die LINKE im Stadtrat sitzt, hat von dem geplanten Konzert nichts gewusst. »Es gibt doch die Möglichkeit, NPD-Veranstaltungen erst einmal zu verbieten und es auf einen Gerichtsprozess ankommen zu lassen«, kritisiert er. Doch das sei »mit diesem Ordnungsamt nicht zu machen«. Er habe das Problem in der Vergangenheit mehrfach erfolglos im Stadtrat angesprochen.
»Die anderen Veranstaltungen waren klare politische Veranstaltungen und damit vom Versammlungsrecht gedeckt«, sagt Dunja Maurer. Die würden dann auch nicht verboten. »Wir beurteilen das nach den Unterlagen, die uns vorliegen. Das ist eine sehr sachliche Prüfung.«
Die NPD will »zur Not bis zum Bundesverfassungsgericht« klagen, tönt Markus Walter. Beim Verwaltungsgericht Neustadt ging am gestrigen Mittwoch ein Eilantrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die Verbotsverfügung ein. Das Gericht wolle nun erst die Gegenseite, also die Stadt, hören und noch im Laufe der Woche entscheiden, sagt eine Sprecherin.
Von organisierten Protesten gegen die Naziveranstaltung war bislang noch nichts bekannt.
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