Betriebserben zu sehr begünstigt

Der Bundesfinanzhof legt Erbschaftssteuergesetz zur Prüfung dem Bundesverfassungsgericht vor

  • Lesedauer: 2 Min.
Wer einen Betrieb erbt, ist in der Regel nicht in Gefahr, wegen der Erbschaftssteuer pleite zu gehen, meint der Bundesfinanzhof. Nun steht das Erbschaftssteuergesetz infrage.

München (epd/nd). Der Bundesfinanzhof (BFH) hält die Erbschaftssteuer für verfassungswidrig. Wie aus einem am Mittwoch in München veröffentlichten Beschluss hervorgeht, hat der BFH deshalb das Erbschaftssteuergesetz dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Die gesetzlichen Regelungen würden viel zu weitreichende Vergünstigungen für Betriebsvermögen vorsehen, hieß es zur Begründung. Diese führten zu einer »das gesamte Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung«, so die Finanzrichter in ihrer Entscheidung vom 27. September (AZ: II R 9/11).

Der BFH monierte, dass das Gesetz bei Betriebsvermögen zu viele Schlupflöcher beinhalte, die es ermöglichten, die Steuer zu umgehen. Der Gesetzgeber hat für Betriebsvermögen bewusst Vergünstigungen bei der Erbschaftssteuer vorgesehen. Hintergrund ist die Annahme, dass Kinder bei der Übernahme eines elterlichen Unternehmens die Erbschaftssteuer nicht zahlen könnten, ohne dass der Betrieb gefährdet wird. Die Vergünstigungen sollten den Firmenübergang erleichtern und Arbeitsplätze sichern.

Zwar seien die Steuervorteile teilweise an den Erhalt der Arbeitsplätze gebunden, aber nicht bei kleineren Betrieben mit bis zu 20 Arbeitsplätzen - die 90 Prozent aller Firmen ausmachten, betonte der BFH. Neuere Gutachten hätten nicht belegt, dass »die Erbschaftssteuer typischerweise die Betriebsfortführung gefährde«. Zudem spiele der Umfang der Erbschaft bei den Steuererleichterungen für Unternehmen im Gesetz kein Rolle. Dies sei eine »verfassungswidrige Überprivilegierung«. Auch könnten Betriebsinhaber ihr Privatvermögen im Betrieb leicht »zwischenlagern«, um nicht die volle Erbschaftssteuer zahlen zu müssen. Letztlich liege eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor, die das Erbschaftssteuergesetz insgesamt infrage stelle.

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