nd-aktuell.de / 11.10.2012 / Brandenburg / Seite 14

Wettbewerb in der CDU

Gestern, heute, morgen: Auseinandersetzungen bei den Christdemokraten tragen weibliche Züge

Wilfried Neiße

Die brandenburgische CDU erlebt derzeit eine Neuauflage der Macht- und Grabenkämpfe. Vor den Nominierungen zur Bundestagswahl ist ein offener Kampf ausgebrochen. Vorgestern hat der Kreisvorstand Potsdam-Mittelmark die einstige Landes- und Landtagsfraktionschefin Saskia Ludwig als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl vorgeschlagen. (»nd«) berichtete.

Das ist aber einer der Fälle, bei dem die zweite Person das fünfte Rad am Wagen ist. Denn diese Position hat sich bislang immer die Potsdamer Kreisvorsitzende Ka-therina Reiche vorbehalten, die auch schon im Bundestag sitzt und es nicht zuletzt aufgrund ihrer Verbundenheit mit Angela Merkel zur Staatssekretärin gebracht hat.

Politisch geht es bei diesem Frauenduell um des Kaisers Bart, denn die Aussichten, das Direktmandat in Potsdam zu erobern, sind nach menschlichem Ermessen und historischen Erfahrungen für die CDU sehr gering: Den eigentlichen Kampf der Titanen haben an diesem Ort SPD und LINKE bestritten, wobei dieser Wahlkreis 61 immer knapp an die Sozialdemokraten gefallen ist. Wenn überhaupt, dann haben es märkische Christdemokraten aus Potsdam und Umgebung nur über die Landesliste in den politischen Götterhimmel, sprich Bundestag, geschafft.

Inhaltlich ist diese weibliche Herausforderung bemerkenswert, denn Ludwig tritt im Unterschied zur eher linientreuen Katherina Reiche als eine harte Kritikerin Angela Merkels auf. Das hat Ludwig zwar wenig mehr eingetragen als Spott, die »Bild«-Zeitung hat ihr dafür gar eine Zwergenmütze aufgesetzt. Aber sie steht im Bundeswehrrang eines höheren Seeoffiziers und bleibt kampflustig. Sie steckte auch nach dem erzwungenen Rücktritt vom Fraktions- und Landesvorsitz vor einigen Wochen nicht auf. Zudem steht der Kreisvorstand Potsdam Mittelmark geschlossen hinter dieser Frau und hat sie für das Direktmandat nominiert.

Ob es am 19. Oktober zur Kampfabstimmung kommt, ist noch unklar. Mit kämpferischen Damen indes hat die märkische Union eine Menge Erfahrungen gesammelt.

Wegen ihrer Haltung zur Bundeskanzlerin Merkel war Ludwig auch mit ihrer Vorgängerin Johanna Wanka in eine Auseinandersetzung geraten. Wanka distanzierte sich offen vom Merkel-Frevel Ludwigs und offenbarte sich selbst als »Fan« der Bundeskanzlerin. Allzu viel Liebe war von Ludwig nicht zu verlangen, denn sie musste zugunsten von Wanka den schon eroberten Posten der Fraktionschefin im Landtag wieder räumen. Aber nachdem die CDU von Ministerpräsident Matthias Platzeck in die Opposition geschickt wurde, nahm Wanka in Niedersachsen einen Ministeriumsposten an. Sie hat also den Potsdamer Kampfplatz verlassen, auf dem Saskia Ludwig unangefochten zurückblieb. Nach dem Landes- und Fraktionsvorsitz brauchte sie quasi nur noch zu greifen. Eine potenzielle Konkurrentin, die Abgeordnete und einstige Justizministerin Barbara Richstein, wurde ihr nach einem 10-Prozent-Wahldebakel bei der Potsdamer Oberbürgermeister-Wahl vor zwei Jahren nicht mehr gefährlich.

Das Ergebnis der aktuellen Kampfpaarung Ludwig-Reiche gilt wenn nicht als innerparteiliche Vorentscheidung, so als wichtiges Signal dafür, wohin in der CDU demnächst die Reise geht. Doch wer auch immer bei der Wahl Gewinnerin sein wird - schon erwächst ihr eine neue weibliche Konkurrenz. Denn der vom Landesvorstand vorgeschlagene und also designierte CDU-Vorsitzende Michael Schierack hat darauf bestanden, dass als seine Generalsekretärin Anja Heinrich, die Vorsitzende der Frauen-Union, gewählt wird. Die hat in ihrer Jugend schon mal verwahrloste Tiere aus ihren Gehegen befreit und damit eine kämpferische Tatkraft bewiesen, die ihrem Fortkommen in der märkischen CDU nur dienlich sein kann.