Stürzt nach Armstrong auch die UCI-Spitze?

Auch früherer Telekom-Teamchef Pevenage räumt Doping ein

  • Manuel Schwarz, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach dem gestürzten Lance Armstrong richtet sich der Fokus auf die UCI. Der Weltverband soll den Ex-Star protegiert haben.

Wen zieht der gestürzte Lance Armstrong mit in die Tiefe? Nach dem ersten Schock um das endgültig entblößte Dopingsystem des US-Amerikaners müssen im ohnehin krisengebeutelten Radsport weitere Macher zittern. Im Bericht der US-Antidopingagentur USADA wird vor allem der Weltverband UCI angegriffen - unter den Präsidenten Pat McQuaid und Hein Verbruggen sei Armstrong jahrelang protegiert worden, sogar Dopingbefunde sollen vertuscht worden sein. Während viele Radsportler fassungslos die Enthüllungsdokumente studieren, interpretierte der UCI-Funktionär Verbruggen den Report auf seine ganz eigene Art: »Da steht doch, dass wir nie etwas unter den Teppich gekehrt haben.« Doch genau das schien zumindest bei der Tour de Suisse 2001 passiert zu sein.

Hatte die UCI zuletzt schon im Dopingfall Alberto Contador und zu Beginn der Armstrong-Affäre mit einem Zickzack-Kurs für Kopfschütteln in der Branche gesorgt, so könnte der Verband nun komplett gegen die Wand fahren. Ob Präsident McQuaid zu halten ist, scheint offen. Der Radsport sei »völlig vom Weg abgekommen und hat seinen moralischen Kompass verloren«, sagte Sky-Teamchef Dave Brailsford, der Bradley Wiggins zum Tour-de-France-Sieg geführt hatte, dem BBC-Radio.

Dass die Frankreich-Rundfahrten Anfang des vergangenen Jahrzehnts als sportliche Farce in die Geschichtsbücher eingehen werden, ist abzusehen. Die UCI hat durch die erdrückenden Beweise der USADA kaum eine andere Wahl, als Armstrong seine sämtlichen sieben Titel abzuerkennen. Denkbar ist, dass für ebendiese Rundfahrten - quasi als Mahnmal - kein Sieger nachbenannt wird. Auch Jan Ullrich, der hinter Armstrong dreimal Zweiter wurde, ginge dann leer aus.

Ullrichs Mentor Rudy Pevenage sorgte derweil mit einem Interview in der französischen »L'Équipe« für Aufsehen. Der frühere sportliche Leiter behauptete, durch die Machenschaften Armstrongs selbst zu illegalen Maßnahmen bei Telekom und T-Mobile gezwungen gewesen zu sein.

»Wir wollten alle das Rezept, dasselbe wie Armstrong«, so der Belgier. »Wieso sind wohl alle seine Rivalen von damals, Botero, Beloki, Sevilla, Ullrich, Basso, Hamilton, Winokurow, danach gestürzt? Sie wollten es so machen wie er, aber hatten nicht die gleichen Mittel und waren vor allem nicht so beschützt.« Sie alle und auch sich selbst bezeichnete Pevenage als »Opfer von Lance Armstrong und Johan Bruyneel« und deren »Höllenmaschine«.

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