Wegezoll für Fiskalpakt

Länder gegen Zusatzverpflichtungen / Kontroverse um Sterbehilfe

  • Marian Krüger
  • Lesedauer: 2 Min.
Im Bundesrat fand am Freitag eine Premiere statt. Mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann ist erstmals ein Grünen-Politiker zum Präsidenten der Länderkammer gewählt worden.

Der frischgebackene Bundesratspräsident Winfried Kretschmann kündigte an, die Arbeit des Bundesrates transparenter zu machen. Es sei »kaum bekannt, dass die Länderkammer im weltweiten Vergleich außerordentlich viel Einfluss hat«. Diesen Einfluss machten die Länder dann gleich beim Gesetz zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalpaktes deutlich. Sie pochen auf ihre Haushaltsautonomie und die bestehende Schuldenbremse des Grundgesetzes und wollen »keine darüber hinausgehenden Verpflichtungen« eingehen, wie sie der EU-Fiskalpakt verlangt. Erstmals wird in einem offiziellen Dokument des Bundesrates eingeräumt, dass der Fiskalpakt eine Verschärfung des Staatsverschuldungsrechts darstellt. Da die Bundesregierung auf der EU-Ebene der im Fiskalvertrag für Deutschland vorgesehenen Verschärfung der Kreditaufnahmegrenzen nicht entgegengetreten ist, solle der Bund nun die Anpassungslast alleine tragen. Außerdem verlangen die Länder für ihre Zustimmung zum Umsetzungsgesetz einen deftigen Wegezoll: Milliardenschwere Zugeständnisse bei der Eingliederungshilfe für Behinderte, 75 Millionen Euro zusätzlich für den Ausbau der Kinderbetreuung, Zuschüsse für den ÖPNV. Bleiben die Länder bei dieser in seltener Einmütigkeit beschlossenen Position, muss der Bund nachgeben, da er sonst ein Veto riskiert.

Bei der geplanten Senkung der Rentenbeiträge kann sich der Bund jedoch zurücklehnen, da sie keinem Zustimmungsvorbehalt unterliegt. Außerdem ist eine gesetzeskritische Mehrheit, die sich im Vorfeld abzeichnete, wieder auseinandergefallen, da die großen Koalitionen im Saarland, in Sachsen-Anhalt und Thüringen nicht wie angekündigt mit dem rot-rot-grünen Lager gestimmt haben.

Hoch kontrovers verlief die Debatte zum Verbot der gewerbsmäßigen Sterbehilfe. Die Länder konnten sich weder darauf einigen, einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung noch des Landes Rheinland-Pfalz zu unterstützen. Die bayerische Sozialministerin Beate Merk setzte sich in ihrer Rede mit dem »Tod als Geschäftsidee« auseinander. Es sei ethisch verwerflich, die »Ausweglosigkeit verzweifelter Menschen« auszubeuten, denen kommerzielle Sterbehelfer nichts zu bieten haben, außer dem Tod. Deswegen unterstütze sie den Entwurf des Bundes, der Geldstrafen oder bis zu drei Jahre Gefängnis für gewerbliche Suizidbeihilfe vorsieht. Rheinland-Pfalz möchte hingegen allein die Werbung für Suizidbeihilfe unter Strafe stellen. Erlaubt bleiben soll aber die Suizidbeihilfe aus selbstlosen Motiven durch »nahestehende Personen«. Der Entwurf stößt auch auf Kritik von Patientenschützern. Selbsttötung gehöre nicht zur Sterbebegleitung, sagte Eugen Brysch von der Deutschen Hospiz Stiftung. Hier aber werde die Selbsttötung zur »ultimativen Lösung für Leidende«.

Die Länder forderten zudem die Bundesregierung zur Rehabilitierung von Schwulen und Lesben auf, die in der Nachkriegszeit wegen ihrer Homosexualität verurteilt wurden. Sie folgten damit einem Antrag des Landes Berlin, den noch die rot-rote Regierung eingereicht hatte.

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