nd-aktuell.de / 18.10.2012 / Brandenburg / Seite 11

Finanzsenator: Länderfusion muss kommen

Nußbaum setzt das Jahr 2020 für territoriale Neugliederung / Bund wird »zentralistischer«

Klaus Joachim Herrmann

Die ungeliebte und nur noch glimmende Debatte um eine Fusion von Berlin und Brandenburg dürfte gestern von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos/für SPD) heftig befeuert worden sein. Mit Blick auf das Jahr 2020 sprach er angesichts einer nach seiner Ansicht nötigen Veränderung der Finanzarchitektur auch von erforderlichen Veränderungen des Föderalismus. Bis zu diesem Zeitpunkt komme die »deutsche Nachkriegsordnung zu ihrem Ende«.

Es werde einen »Veränderungsdruck bis hin zu einer territorialen Neugliederung der Republik« geben, sagte er vor 300 Wirtschaftsvertretern in einem Vortrag bei der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) am Mittwochmorgen. Die Bundesrepublik werde »zentralistischer«, der Bundesstaat zu Lasten der Länder gestärkt, meint Ulrich Nußbaum. Fusionen von Bundesländern werden sich angesichts finanzieller Zwänge »nicht vermeiden lassen«. Vor allem an Brandenburg waren bisherige Anläufe gescheitert. Doch wenn in einem Land die Infrastruktur nicht mehr funktioniere, so Nußbaum, werde man sich überlegen, was einem die Zugehörigkeit zu einem Bundesland wert sei.

Die veränderte Finanzarchitektur und ihre direkten Auswirkungen auf Berlin fasste der Finanzsenator in drei Punkten zusammen. Mit der Schuldenbremse werde es keine Kreditaufnahmen der Länder faktisch auf Kosten der Bundesrepublik mehr geben. Die Aufbauhilfe Ost in Höhe von 1,5 Milliarden Euro jährlich laufe aus. Das gelte auch für den Finanzausgleich mit drei Milliarden Euro jährlich.

Vor einer Neugliederung werde die Schuldenfrage zu regeln sein, sagte Senator Nußbaum. Er brachte einen »Altlastenfonds« beim Bund ins Gespräch, um eine vergleichbare Schuldenlast pro Bürger und gerechte Ausgangsbedingungen zu gewährleisten. Es könne keinen »Wettbewerbsföderalismus« ohne gleiche Ausgangsbedingungen geben. Als Gegenleistung für eine solche Schuldenübernahme könnte es möglicherweise zur Abtretung von Länderrechten an den Bund kommen, deutete er an.

Bis zum Inkrafttreten der Veränderungen vergingen nur noch acht Jahre, machte der Finanzsenator deutlich. »Wir müssen uns vorbereiten.« Es gelte unter den Stadtstaaten Bremen und Hamburg Verbündete zu suchen, den Haushalt in Ordnung zu bringen. Dabei habe Berlin »schon einiges erreicht«, sagte er mit dem Hinweis auf die niedrige Ausgabensteigerung von 2,4 Prozent in zehn Jahren. Bayern verzeichne 22 Prozent, der Bundesdurchschnitt betrage 17,8 Prozent. Zu dem, was Berlin »fiskalisch erleidet«, zählte er auch einen unter Durchschnitt bezahlten öffentliche Dienst und mit den Schlaglöchern in den Straßen eine leidende Infrastruktur.

Berlin habe laut Bundesfinanzministerium den stärksten Abbau eines Haushaltsdefizites in der Republik erreicht. Wenn diese stärker zentralisiert werde, komme es der Hauptstadt zugute. Es gebe ja nur eine und die Wirtschaftsplattform Berlin werde stärker in den Fokus rücken.