Ex-Bürgermeister schweigt zu Mordvorwurf

Die Anklage wirft dem Ludwigsfelder SPD-Mann vor, seine Ehefrau erdrosselt zu haben

  • Marion van der Kraats, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.

Ludwigsfeldes früherem Bürgermeister Heinrich Scholl (SPD) droht lebenslange Haft. Im Dezember vergangenen Jahres soll er seine 67-jährige Frau Brigitte im Wald erdrosselt haben. Seit Donnerstag steht der 69-Jährige in Potsdam vor Gericht.

In seiner fast 18-jährigen Amtszeit nie um einen großen Auftritt verlegen, schweigt der einst angesehene Kommunalpolitiker nun vor Gericht. Wie seine Verteidigerin Heide Sandkuhl zu Prozessbeginn vor dem Landgericht Potsdam mitteilte, wird sich Scholl zu den Mordvorwürfen nicht äußern. »Die bislang vorgelegten Indizien bilden keine tragfähige Grundlage für eine Verurteilung«, sagte Sandkuhl.

Die Staatsanwaltschaft Potsdam stützt ihre Anklage vor allem auf die Ortung von Scholls Handy in der Nähe des Tatorts und auf DNA-Spuren. Das Gericht hat sich auf 29 Verhandlungstage und mehr als 70 Zeugen eingestellt. Das Verfahren könnte sich dann bis Ende Februar hinziehen.

Aus Sicht des Gerichts ist aber auch eine Verurteilung wegen Totschlags möglich, was eine mildere Strafe von 5 bis 15 Jahren zur Folge hätte. Laut Anklage hat Scholl seine Frau in den Mittagsstunden des 29. Dezembers 2011 mit einem Schnürsenkel erdrosselt. Anschließend soll er ihr eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt und zwei Faustschläge versetzt haben. Den zum Teil entkleideten Leichnam habe er mit Moos und Laub bedeckt, verlas Staatsanwalt Gerd Heininger die Anklage. Anschließend soll Scholl auch den Hund der Frau getötet haben.

Mit versteinerter Miene verfolgte Scholl die Ausführungen, schüttelte kurz den Kopf. Ihm schräg gegenüber im Gerichtssaal saß sein Sohn. Der 48-Jährige tritt als Nebenkläger im Verfahren auf. »Er möchte sich ein eigenes Bild machen«, erklärte sein Anwalt Sven Rasehorn. Am 23. Oktober wird der Sohn als Zeuge aussagen. Bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden aus dem Bürgermeisteramt Anfang 2008 galt Scholl als erfolgreicher Politiker und Ehrenmann. Gerüchte um Eheprobleme und ein von ihm unter Pseudonym geschriebenes Buch mit erotischen Fantasien sorgten nach der Tat jedoch für Spekulationen.

Scholl hatte seine Frau am 29. Dezember bei der Polizei als vermisst gemeldet. Am 25. Januar wurde er verhaftet. Der 69-Jährige will zum Tatzeitpunkt eine Therme besucht haben. Per Annonce hatte er vergeblich nach Zeugen gesucht, die ihn dort gesehen haben und entlasten könnten.

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