nd-aktuell.de / 20.10.2012 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 1

EU-Bankenaufsicht kommt

Staats- und Regierungschefs einigen sich auf Fahrplan

Simon Poelchau
Bis zum 1. Januar soll der rechtliche Rahmen für eine europaweite Bankenaufsicht feststehen.

Es war offenbar ein zähes Ringen. Nach einer stundenlangen Sitzung einigten sich die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder während des EU-Gipfels in Brüssel auf einen Fahrplan zur Einrichtung einer europaweiten Bankenaufsicht. Demnach soll der rechtliche Rahmen für die Euro-Behörde bis zum 1. Januar 2013 geklärt werden. Sie könne dann im Verlauf des Jahres 2013 »wahrscheinlich tatsächlich einsatzfähig sein«, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy. Ein genaues Datum konnte er aber nicht nennen.

Damit setzte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gegen den französischen Präsidenten François Hollande durch. Frankreich und weitere Länder wollten die Bankenaufsicht schon am 1. Januar starten lassen. »Wir haben immer gesagt, Qualität muss vor Schnelligkeit gehen«, sagte Kanzlerin Merkel sichtlich zufrieden am Freitagmorgen. Auch der jetzt vereinbarte Zeitraum sei »sehr ambitioniert«.

Mit der Gründung der Bankenaufsicht soll einer weiteren Finanzkrise vorgebeugt werden, indem die Geldhäuser europaweit einheitlich und strenger kontrolliert werden. Die neue Behörde soll der Europäischen Zentralbank unterstellt werden. Zudem ist die Bankenaufsicht eine Vorbedingung dafür, dass sich ins Wanken geratene Kreditinstitute künftig direkt Geld vom Rettungsschirm ESM leihen können. Unterdessen rechnet die spanische Regierung nicht mehr damit, dass ihre maroden Banken davon profitieren können. »Spanien geht bereits davon aus, dass es keine direkte Rekapitalisierung seiner Banken erhält«, sagte ein spanischer Vertreter am Rande des EU-Gipfels.

Die europäischen Spitzenpolitiker diskutierten auf dem Gipfel auch über ein gemeinsames Budget für die Eurozone. »Wir sind für einen Solidaritätsfonds«, sagte Merkel. Eine gemeinsame europäische Haftung für Schulden lehnte sie aber weiterhin ab.

In Vorgriff auf den Bericht der Troika attestierten die Spitzen der Eurozone Griechenland »gute Fortschritte« bei den Reformen. Diese sind Voraussetzungen für die Auszahlung einer weiteren Hilfstranche von 31,5 Milliarden Euro. Für den Fall neuer Griechenland-Hilfen fordert SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier eine Abstimmung im Bundestag und schließt eine Vertrauensfrage nicht aus. Er erwarte, dass Merkel dann für eine eigene Mehrheit der Koalition sorge, sagte er dem »Handelsblatt«.

Aus Gewerkschaftssicht muss eine Bankenaufsicht die Spielregeln der Banken substanziell verändern. Es dürfe keine Banken mehr geben, »deren schiere Größe die Staaten und ihre Gemeinschaft erpressbar macht«, sagte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki.