nd-aktuell.de / 23.10.2012 / Politik / Seite 4

Kleinstaatler

Tonio Borg soll neuer EU-Kommissar für Malta werden

Katja Herzberg

Es scheint vor allem eine vertrauensbildende Maßnahme zu sein: Malta will mit der Nominierung seines Außenministers für das frei gewordene Amt des EU-Kommissars für Gesundheit und Verbraucherschutz den Rücktritt von John Dalli am vergangenen Dienstag schnell vergessen machen. Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) hatte Beweise dafür zusammengetragen, dass Dalli in einen Korruptionsversuch zur Änderung der EU-Tabakgesetze verwickelt ist. Nun soll der zweite Mann im Staat das Ansehen der Inselrepublik retten.

Doch ob Tonio Borg eine bessere Figur als Dalli abgeben wird, stellt die linke Opposition in Malta schon jetzt in Frage. Dem Konservativen wird Homophobie und eine strikte Ablehnung von Ehescheidung und Abtreibung vorgeworfen. Dass das EU-Parlament, das der Berufung Borgs zustimmen muss, bei diesen Themen sensibel ist, zeigte es schon einmal. Der Italiener Rocco Buttiglione geriet in schwieriges Fahrwasser, als er sich 2004 den Fragen der Abgeordneten stellte. Schließlich verzichtete er auf den Posten.

Der 55-jährige Borg scheint seinen Auftritt im Parlament aber nicht zu fürchten. Vor dem Abflug nach Brüssel zu Kommissionspräsident José Manuel Barroso gab sich der Malteser siegessicher und verwies auf seine Erfahrung als Parlamentarier. Er wolle als Kommissar eine gute Beziehung zu den EU-Abgeordneten führen, da das Parlament seit Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon an Macht gewonnen habe.

Der promovierte Jurist trat bereits im Alter von 17 Jahren der Nationalist Party bei, seit 1992 sitzt er im maltesischen Parlament. Über EU-Erfahrung verfügt Borg vor allem wegen seiner Tätigkeiten für den Europarat und seinen Eifer in der Asyl- und Flüchtlingspolitik. Als Innenminister ließ Borg maltesisches Militär in den menschenunwürdigen Internierungslagern auf der Insel patrouillieren. Seit er 2008 zum Außenminister und Vizeregierungschef aufgestiegen ist, fordert er vor allem eine striktere EU-Migrationspolitik und bedient damit die wachsende ausländerfeindliche Klientel - wahrlich ein Europäer.