nd-aktuell.de / 06.11.2012 / Gesund leben / Seite 17

Wer jünger aussieht, wird älter

Universität Odense: Zwillinge für die Altersforschung

Andrea Tebart
Menschen leben heute länger als noch vor 100 Jahren. Sauberes Wasser, bessere Hygiene und gute medizinische Versorgung haben dazu beigetragen. Aber gegen Ende des Lebens häufen sich oft Krankheiten.

Für Professor Kaare Christensen im dänischen Odense ist das Thema Alter ein riesiges Puzzle. Einen Teil davon hat er gerade gefunden: »Menschen, die in vorgerücktem Alter jünger aussehen als sie tatsächlich sind, haben eine längere Lebenserwartung als andere.« Eine Erfahrung, die ihn als praktizierender Arzt immer wieder verblüfft hat, führte auf die Spur: der Unterschied zwischen wahrgenommenem und realem Alter. Dieser subjektive Eindruck wird an der Universität Odense nun systematisiert. Forscher dokumentieren mit Fotos von Zwillingen über 70 deren optischen Zustand. Unbeteiligte schätzen danach das jeweilige Alter ein. »Wir haben so eine optische Entwicklung, die einhergeht mit der Feststellung, dass diejenigen, die jünger aussehen, tatsächlich auch länger leben, obwohl sie gleich alt sind wie ihr Zwillings-Pendant.«

Was paradox erscheint, wird beim näheren Hinsehen klar. Gene haben zu rund 25 Prozent einen Anteil an der Lebenserwartung. 75 Prozent machen die Lebensumstände aus. Wer also »gute« Gene hat, bekommt einen guten Start ins Leben. »Doch«, da ist sich der Professor sicher, »heißt das nicht, dass man damit alles machen kann. Unsere Zwillinge haben bei ihrer Geburt ein sehr ähnliches Altersmuster. Die gute Nachricht: wir alle können die Umstände größtenteils selber beeinflussen.«

Den Quell ewiger Jugend hat der dänische Forscher nicht gefunden, »aber generell hilft alles, was die Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessert. Ein gesunder Lebensstil wirkt sich positiv aus und macht sich auch optisch bemerkbar.« Es sei aber bedenklich, wenn jemand älter aussieht, als er tatsächlich ist. Das Risiko eines früheren Todes steige verglichen mit dem Durchschnitt enorm.

Risikofaktoren senken die Lebenserwartung. Dafür ist Dänemark selbst ein gutes Beispiel. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist hier niedriger als in Deutschland. Als Risikofaktoren nennt Christensen Zigarettenkonsum, zu viel Sonne und Alkoholmissbrauch. Außerdem hält er starke Depressionen für lebensverkürzend: »Alles, was darauf hinweist, dass das Leben hart zu jemandem gewesen ist, macht Stress und hebt das wahrgenommene Alter deutlich an. Dem Hausarzt helfe ein solcher Fotovergleich, meint Christensen. Je nachdem, ob es dem Patienten besser oder schlechter geht, könne er reagieren.

Vielleicht können künftig noch mehr Menschen in die Nähe der traumhaften Werte der Einwohner des japanischen Dorfes Ogimi auf der Insel Okinawa rücken. Hiersortieren fitte Hundertjährige Obst auf dem Markt, fahren Rad oder spielen Kricket und gehören quietschvergnügt zu den ältesten Bewohnern der Welt.