Hartes steckt sie ein, Humor teilt sie aus

Die Schauspielerin Katrin Hansmeier bevorzugt brisante Themen

  • Lucía Tirado
  • Lesedauer: 3 Min.

Natürlich kann sie auch klassische Komödie spielen. Sich von einem Missgeschick ins andere zu manövrieren sei keineswegs albern oder leichter darzustellen als eine sogenannte ernste Rolle. Aber vorzugsweise tragische Charaktere und solche mit tragikomischem Anstrich zeigt Katrin Hansmeier in Inszenierungen des Heimathafens Neukölln. In »Sisters« gab sie das gewaltbereite Mädchen, bei »Endstation Ewige Heimat« landete sie in der Tristesse, in »Kokon« setzte sie sich mit Sterbehilfe auseinander. Im jüngsten Stück wurde sie zur »Kriegsbraut« in Afghanistan.

Beherzt wischt die junge Frau ein paar verwelkte Blätter von zwei Stühlen. Wir haben uns in einem Café verabredet und bleiben wegen der Herbstsonne in dessen ruhigem Hof. Niemand sonst kommt hinaus. Wir haben alle Plätze und wandern mit der Sonne. Der Wechsel hat etwas Symbolhaftes.

Ein, zwei Monate versenke sie sich thematisch in eine Sache, erzählt die Schauspielerin »unterwegs«. Dann löse sie sich, gehe auf Neues zu. Die Themen, denen sie sich stellt, sind hart. »Ich bin ein politischer Mensch«, sagt sie. Die Schauspielerin besitze ein Charaktergesicht, sagen Regisseure. Sie stellt sich Auseinandersetzung und Schmerz. Das wolle sie jedoch nicht immerzu haben. Das braucht Pausen.

Von 2002 bis 2006 war Katrin Hansmeier im Volkstheater Rostock engagiert. Eine gute Schule für Vielseitigkeit. Dann machte sie sich selbstständig. Ihre Traumrolle war die Penthesilea. Achill würde sie heute mit 34 noch fressen können, sich jedoch anders in die Rolle vertiefen. Inzwischen spielte sie u.a. an der Volksbühne, im Theater an der Parkaue, in den Sophiensaelen. Wer einen Blick dafür besitzt, erkennt nun bei ihr die Reife für eine Kriminalistin vor der Kamera - natürlich, zupackend, konzentriert, mitfühlend, ja auch verletzbar und komisch. Nicht das Perfekte, das Menschliche macht die Qualität solch einer Rolle aus.

Die Berlinerin studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Ihre Diplomarbeit schrieb sie über Kabarett und Theater in Konzentrationslagern. Nicht der dort angeordneten Kultur forschte sie nach, sondern dem, was Häftlinge als Selbsthilfe füreinander erdachten. Lachen kontra Zusammenbrechen. Humor ignoriere Schmerz nicht, sagt die Schauspielerin, doch er mache ihn erträglicher.

Katrin Hansmeier engagiert sich im Deutschen Institut für Humor - »... obwohl man Humor eigentlich nicht institutionalisieren kann«. Dort bescheinigt man ihr in der Arbeitsweise Vertrauen, Hingabe, Mut, Disziplin und selbstverständlich Humor. Die Fähigkeit, gelassen auf Unzulänglichkeiten zu reagieren, könne man verlieren. Ein schleichender Prozess bei zu viel Routine und Arbeiten wie im Hamsterrad, erklärt sie. Manager, Angestellte, Lehrer kommen zu ihrem Humortraining. Nicht unbedingt Menschen, die immerzu den nackten Schrecken vor sich haben wie Kriminalisten oder Tatortfotografen. »Die müssten ohne schwarzen Humor am ersten Tag hinschmeißen.«

Manchmal kämen Leute zum Kurs, die von ihrem Arbeitgeber entsandt wurden. Ist ja auch ulkig. Nein, sagt die Schauspielerin, sie habe lernen müssen, sich vom missionarischen Ansatz zu lösen. »Wenn jemand meint, Humor sei für ihn überflüssig, akzeptiere ich das und fordere zum Widerstand auf. Das macht auch Spaß.« Doch die meisten Kursbesucher wollen ihren Humor wiederfinden.

In zehn Spielfilmen und ebenso vielen TV-Produktionen spielte Katrin Hansmeier schon mit. Sie laufe nicht immerzu zum Casting, sagt sie, auch wenn sie gut damit umgehen kann, dass sie eine Rolle nicht bekommt, weil eben jemand anderes dafür besser geeignet ist. Damit professionell umzugehen, gehört zum Beruf. Ehrgeiz und Ausharren halten sich die Waage. Man ist nicht immer auf der Sonnenseite wie wir beim Gespräch.

Brisante Gegenwartsdramatik und ein Team, mit dem sie begeistert zusammenarbeitet, haben den Heimathafen Neukölln zu ihrer künstlerischen Heimat gemacht. Da ankert sie jetzt.

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