nd-aktuell.de / 21.11.2012 / Politik / Seite 12

Zum Mittagsschlaf gefesselt

Altenburger Kita beschäftigt Thüringens Behörden

Andreas Hummel, dpa
Der Fall hat überregional Aufsehen erregt: In einer Krippe in Altenburg (Thüringen) wurden Kinder zum Mittagsschlaf festgebunden. Das Thüringer Kultusministerium sieht aber keine Fehler beim Träger.

Altenburg. Erzieherinnen einer Kinderkrippe im thüringischen Altenburg haben Schützlinge mittags zum Einschlafen festgebunden. Wegen Kindeswohlgefährdung wurden die drei Frauen fristlos entlassen. Das Kultusministerium in Erfurt sieht derweil keine Fehler beim Träger des Kindergartens. Zwischen den drei Erzieherinnen habe ein »Kartell des Schweigens« geherrscht, sagte ein Ministeriumssprecher am Dienstag. Deswegen seien keine Hinweise auf ihre rabiaten Praktiken nach außen gedrungen.

Vertreter des Ministeriums hatten sich zu Wochenbeginn vor Ort ein Bild gemacht. Nun sollen die Abläufe im Kindergarten »Spatzennest« geprüft werden, um mehr Transparenz herzustellen. Dies werde das Ministerium beratend begleiten, sagte der Sprecher.

Die Erzieherinnen sollen mindestens drei Kleinkinder mittags zum Einschlafen fest in Decken gewickelt und diese zugeschnürt haben. Zudem hätten sie den Kindern Tücher aufs Gesicht gelegt. Da die Schützlinge bewegungsunfähig waren, konnten sie die Tücher, etwa wenn sie husten mussten, nicht vom Gesicht ziehen - Erstickungsgefahr nicht ausgeschlossen. Nach Angaben des Geschäftsführers der Volkssolidarität des Altenburger Landes, Volker Kibisch, haben sich inzwischen auch andere Eltern gemeldet, deren Kinder offensichtlich von den Erzieherinnen gemaßregelt wurden, weil sie nicht schlafen wollten. Handgreiflich seien diese dabei aber offenbar nicht geworden, sagte Kibisch auf Nachfrage. Die Volkssolidarität ist der Träger des integrativen Kindergartens »Spatzennest«.

Außerdem sollen die Frauen - »gestandene Erzieherinnen«, wie Kibisch sagte - Kinder »abgefüttert« haben. Essen, das die Kleinen ausgespukt hätten, sei ihnen »mit Nachdruck« wieder in den Mund gesteckt worden. Die Vorfälle in der Gruppe von Kindern im Alter von bis zu zwei Jahren waren durch Berichte einer Schülerpraktikantin publik geworden. Auch die Staatsanwaltschaft wurde eingeschaltet.

»Das sogenannte Pucken, um Kinder ruhigzustellen, lehnen wir generell ab«, sagte der Ministeriumssprecher. Die Ereignisse im »Spatzennest« bezeichnete er als gravierend, es seien aber Einzelfälle in Thüringen. In dieser Woche will sich auch der Landtag in Erfurt in einer Aktuellen Stunde mit den Vorfällen in Altenburg befassen.