Mit Fridericus bettelarm im Königsschloss

Sie stehen Tag für Tag im Angesicht schier unermesslich wertvoller Kunstschätze in Schloss und Park Sanssouci und anderen Residenzen der preußischen Könige. Aufsichtspersonal, Gästeführer, Kassierer, Wachmänner und Reinigungskräfte werden jedoch keinesfalls königlich entlohnt. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) gründete bereits zum 1. Januar 2006 eigens die Tochterfirma Fridericus Servicegesellschaft, um die 600 dienstbaren Geister dort mit Hungerlöhnen abspeisen zu können.

Freilich verfügt die SPSG niemals über genügend Mittel, um das bedeutende kulturelle Erbe in 72 historischen Gebäuden und in den zahlreichen Parkanlagen so zu pflegen, wie es eigentlich wünschenswert wäre. Trotzdem ist diese Sparmaßnahme unwürdig. Die rot-rote Koalition darf das nicht länger hinnehmen - und sie will es auch nicht. Schließlich finanziert Brandenburg die SPSG gemeinsam mit dem Bund und Berlin. In Brandenburg schreibt das Vergabegesetz, auf das Rot-Rot so stolz ist, für öffentliche Aufträge fest, dass die Beschäftigten mindestens acht Euro Stundenlohn erhalten müssen. Das Berliner Vergabegesetz, einst ebenfalls unter einer rot-roten Koalition verabschiedet, verlangt sogar 8,50 Euro.

Die LINKE beabsichtigt jetzt, der SPSG 400 000 Euro zusätzlich zu spendieren, damit die Löhne in der Servicegesellschaft angehoben werden. Am Dienstag besprach die Landtagsfraktion einen entsprechenden Antrag im Parlament. »Das ist politisch notwendig«, betonte Fraktionschef Christian Görke.

Doch Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE) meldete massive Bedenken an. »Ich werde dem nicht zustimmen, ich werde das ablehnen«, sagte er ungehalten. »Ich übernehme nicht die politische Verantwortung.« Die Summe von zehn Millionen Euro, die dafür gedacht ist, den Kommunen den Mehraufwand durch das Vergabegesetz zu erstatten, sei bereits ausgereizt, verriet der Minister. Er benötige voraussichtlich sogar 10,2 Millionen Euro dafür. Die 400 000 Euro extra könne er nicht abzwacken.

Die mündliche Zusicherung von Finanzminister Helmuth Markov (LINKE), wenn das Wirtschaftsressort mehr Geld benötige, werde es die Mittel erhalten, reichte Christoffers nicht aus. Denn es gibt weitere Hindernisse. Das Vergabegesetz erstreckt sich nur auf das Land und die Kommunen, nicht auf Stiftungen. Außerdem bezahlt das Land den Kommunen lediglich den erhöhten Verwaltungsaufwand bei der Prüfung, ob Unternehmen Mindestlohn zahlen. Die Erstattung einer Lohndifferenz, wie jetzt angestrebt, sei nicht vorgesehen, bedauerte Christoffers.

Finanzminister Markov bestätigte, dass auch alle anderen Stiftungen des Landes die Hand aufhalten könnten, so vielleicht das Gestüt in Neustadt (Dosse). Dieser Hinweis veranlasste den Abgeordneten Peer Jürgens, sich zu erkundigen, wie viele Stiftungen denn in Betracht kämen und mit welchen Kosten zu rechnen wäre. Mit dieser Information konnte Fraktionschef Görke nicht dienen. Man entschied, die Abstimmung über den Antrag um eine Woche zu verschieben und die gewünschten Daten zu beschaffen.

Görke bleibt zuversichtlich, dass der Antrag beschlossen wird. Er fürchtet auch keine Kostenlawine. Ihm ist nämlich nicht bekannt, dass noch eine andere Stiftung eine Tochterfirma gegründet hat, um Löhne derart unverschämt zu drücken. Verwaltungstechnische Probleme lassen sich lösen. So hat der Landtag doch bereits einen Lohnaufschlag für die Wachmänner im Parlament bewilligt.

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