nd-aktuell.de / 13.12.2012 / Politik / Seite 20

Per Internet Essen abgeben

Neues Portal rettet Lebensmittel vor dem Müll

Seit Mittwoch gibt es ein einzigartiges Projekt gegen Lebensmittelverschwendung in Deutschland. Über das Internetportal »foodsharing.de« können Privatleute und Geschäfte überzählige Lebensmittel an andere Menschen weitergeben - unkompliziert, kurzfristig und kostenlos. »So wird wirklich genutzt, was angebaut wird«, sagte die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, bei der Vorstellung in Berlin. Die Initiatoren von »Foodsharing e.V.« um den Filmemacher Valentin Thurn (»Taste the Waste«) hatten die Idee Anfang des Jahres entwickelt und mehr als 11 500 Euro gesammelt. Neben Berlin werden zum Auftakt auch Köln, der Kreis Steinfurt (NRW) und Ludwigsburg (Baden-Württemberg) besonders beworben.

»Das ist ein Angebot nicht nur für Bedürftige«, betonte Foodsharing-Vorstand und Buchautor Stephan Kreutzberger (»Die Essensvernichter«). Ein Bundesbürger werfe pro Jahr im Durchschnitt 82 Kilogramm an Lebensmitteln weg, zum Teil sogar noch in der Originalverpackung. Nur ein Bruchteil davon ist verdorben. »Aber es geht nicht nur ums Weiterschenken. Auch sozial soll etwas Neues entstehen«, sagte Aktivist Raphael Fellmer. So könne via Plattform nicht nur nach Brot gesucht oder ein Liter Milch angeboten werden - auch gemeinsame Kochaktionen seien möglich. »Außerdem kooperieren wir mit Supermärkten, wo unsere Mitglieder aussortierte Ware abholen können.« Ab 2013 soll über eine Smartphone-App sogar die (Fahrrad-)Route zu den Personen angezeigt werden, die Lebensmittel abgeben.

Bis auf wenige Ausnahmen - Hackfleisch, Fisch oder roh verarbeitete Eier - können jegliche Lebensmittel angeboten werden, also auch ein fertig gekochter Eintopf oder eine halbe Tüte Mohrrüben. »Wir sollten es nicht peinlich finden, Essen von anderen anzunehmen«, sagte Fellmer. Peinlich sei die Alternative, Essen einfach wegzuwerfen.

»Mit dem Appell an die Verbraucher allein ist es aber nicht getan«, betonte Künast. »Wir müssen schon am Anfang des Produktionsprozesses ansetzen.« Sie lehnt EU-Handelsnormen, die das Gros der landwirtschaftlich produzierten Lebensmittel aussortieren, ebenso ab wie Agrarsubventionen, die allein auf Masse setzen. dpa