nd-aktuell.de / 10.01.2013 / Politik / Seite 20

Shotgun aus dem Onlineshop

In den USA begann die Anhörung zum Amoklauf bei der »Batman«-Premiere

Der mutmaßliche »Batman«-Amokläufer James Holmes hat sich vor der Tat bei mindestens 16 Gelegenheiten legal Waffen und Munition gekauft. Insgesamt habe er von Mai und Juli 2012 vier Schusswaffen und 6300 Patronen sowie explosive Chemikalien erworben, erklärte ein Agent der US-Waffenkontrollbehörde ATF am Dienstag vor Gericht.

Der 25-Jährige soll in der Nacht zum 20. Juli in die Premierenvorstellung des »Batman«-Films im Kino von Aurora (US-Staat Colorado) gestürmt sein und um sich gefeuert haben. Zwölf Menschen wurden getötet, Dutzende verletzt. Am Montag begann vor einem Gericht in Centennial nahe Denver eine mehrtägige Anhörung. Dabei wird geklärt, ob die Beweise für einen Prozess ausreichen und ob Holmes zurechnungsfähig ist.

ATF-Agent Steve Beggs sagte, der mutmaßliche Todesschütze habe sich zwei Glock-Pistolen, ein halbautomatisches Gewehr und eine Shotgun zugelegt. Die Käufe habe er im Internet und in Waffengeschäften getätigt. Holmes' Anwältin Tamara Brady fragte Beggs, ob es in Colorado eine rechtliche Möglichkeit gebe, den Verkauf solcher Waffen an eine »schwer psychisch kranke Person« zu verhindern. Der verneinte dies.

Nach dem Amoklauf hatten die USA über ein schärferes Waffenrecht debattiert, die Diskussion darüber ebbte aber bald wieder ab. Das Massaker an einer Grundschule in Newtown, bei dem Mitte Dezember 20 Kinder getötet worden waren, katapultierte die Forderung nach strengeren Waffengesetzen dann wieder auf die politische Agenda. Derzeit prüft eine Arbeitsgruppe unter Führung von Vizepräsident Joe Biden Vorschläge für ein neues Waffenrecht.

Bei der Anhörung am Dienstag spielte die Staatsanwaltschaft Notrufe aus der Tatnacht vor. Der ersten Anruf erreichte die Polizei 18 Minuten nach Filmbeginn. Die Stimme des Anrufers war kaum zu verstehen; im Hintergrund war in weniger als 30 Sekunden 30 Mal das Geräusch von Schüssen zu hören. Laut Staatsanwaltschaft gingen binnen zehn Minuten 41 Notrufe aus dem Kino ein. Ein 14-jähriges Mädchen sagte, zwei ihrer Cousinen seien angeschossen worden. Eine atme nicht mehr. »Wir müssen eine Herz-Lungen-Reanimation machen«, wurde sie aufgefordert. »Ich kann Sie nicht hören«, antwortete das weinende Mädchen, als das Gespräch vom Lärm im Kino überlagert wurde.

Ein Bombenexperte der Bundespolizei FBI sagte aus, dass Holmes den Ermittlern nach der Festnahme mitgeteilt habe, dass er sein Apartment mit Sprengfallen versehen habe. So seien in der Wohnung drei Behältnisse mit selbst hergestelltem Napalm, elf Benzinflaschen und andere Chemikalien gefunden worden, erklärte Garrett Gumbinner. Die Wohnungstür sei verdrahtet gewesen, um die Sprengfallen zu zünden.

Außerdem soll Holmes drei Fernzünder in der Nähe des Apartments platziert haben, in der Hoffnung, dass Passanten sie auslösen. Gumbinner berichtete etwa von einem ferngesteuerten Spielzeugauto, das der Angeklagte in der Nähe eines Müllcontainers abgelegt habe. Die Fernsteuerung hätte die Sprengfallen in der Wohnung gezündet. AFP