nd-aktuell.de / 16.01.2013 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 16

Konjunktur schwingt sich herab

Wachstum lag 2012 bei 0,7 Prozent / Der Staat erzielte einen leichten Überschuss

Hans-Georg Draheim
Die Risiken der Euro-Krise haben sich für die deutsche Wirtschaft weiter erhöht und die Konjunktur hat sich im zweiten Halbjahr 2012 deutlich abgekühlt. Eine Besserung der Lage ist derzeit nicht in Sicht.

Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag bekannt gab, hat das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2012 gegenüber dem Vorjahr preisbereinigt um 0,7 Prozent zugelegt. Im Vorjahr hatte das Wachstum noch 3,0 Prozent betragen. Für das Schlussquartal 2012 ermittelten die Statistiker in einer ersten vorläufigen Schätzung ein Schrumpfen des BIP um 0,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Erste belastbare Zahlen gibt es erst Mitte Februar.

Wie weiter mitgeteilt wurde, verzeichneten Bund, Länder, Kommunen und Sozialkassen 2012 einen Finanzierungsüberschuss in Höhe von 2,2 Milliarden Euro. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt errechnet sich daraus eine Überschussquote von 0,1 Prozent. Gründe dafür waren die weiter sprudelnden Steuereinnahmen, aber auch die niedrigen Zinsen für deutsche Staatsanleihen. Damit kann der Staat für 2012 erstmals seit 2007 und zum dritten Mal seit der Wiedervereinigung wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen.

Die Wachstumsimpulse beim BIP kamen erneut vor allem vom Export, obwohl der Außenhandel zuletzt weiter an Dynamik verlor. Während die Ausfuhren gegenüber dem Vorjahr real um 4,1 Prozent zulegten, erreichten die Importe einen Zuwachs von 2,3 Prozent. Dadurch stieg erneut der Exportüberschuss und lag mit 1,1 Prozentpunkten deutlich über dem Gesamtwachstum. Dies kompensierte das starke Minus bei den Investitionen. So schrumpften die Ausrüstungsinvestitionen der Unternehmen 2012 gegenüber dem Vorjahr um real 4,4 Prozent. Die Bauinvestitionen verzeichneten ein Minus von 1,1 Prozent. Zudem ist die Wertschöpfung der Indus-trie preisbereinigt um 0,8 Prozent deutlich geschrumpft.

Gestützt wurde das Wachstum dagegen vom Konsum. Während die staatlichen Ausgaben im vergangenen Jahr real um 1,0 Prozent zunahmen, stiegen die privaten Ausgaben gegenüber dem Vorjahr preisbereinigt um 0,8 Prozent. Das verfügbare Einkommen der Privathaushalte erhöhte sich nominal um 2,3 Prozent. Der Großteil davon wurde aber durch den Anstieg der Verbraucherpreise um 2,0 Prozent wieder aufgefressen. Nach Angaben des Statistikamtes verteuerten sich vor allem Energie, Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke.

Maßgebend für die anhaltende Kaufkraftschwäche ist der sinkende Anteil der Löhne am Volkseinkommen. Zwar stieg das Arbeitnehmerentgelt 2012 gegenüber dem Vorjahr um 3,6 Prozent und das Unternehmens- und Vermögenseinkommen sank um 1,4 Prozent. Langfristig betrachtet ist jedoch die Lohnquote seit dem Jahr 2000 von 72,1 auf 68,0 Prozent geschrumpft, während die Gewinnquote entsprechend zugenommen hat. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass der Niedriglohnbereich inzwischen etwa 20 Prozent aller Beschäftigten umfasst.

Das vermeintliche »Jobwunder« am Arbeitsmarkt ist derweil zum Erliegen gekommen. So betrug das Jahresplus bei der Erwerbstätigenzahl 2012 trotz des neuen Höchststandes von 41,6 Millionen Personen nur noch 1,0 Prozent (2011: 1,3 Prozent). Gleichzeitig nahm die Zahl der Arbeitslosen am Jahresende im Vergleich zu 2011 um 2,1 Prozent bzw. 60 000 Personen wieder zu.