nd-aktuell.de / 17.01.2013 / Brandenburg / Seite 14

Nur Rabbiner, keine Pastoren

Ist das Fach jüdische Theologie ein Einfallstor für Protestanten und Katholiken?

Wilfried Neiße

Ein mehr oder weniger großes Lob gab es gestern für das Bestreben der rot-roten Landesregierung, die Rabbinerausbildung in Potsdam wissenschaftlich zu institutionalisieren. Vor allem der Chef des Abraham-Geiger-Kollegs, Professor Walter Homolka, freute sich über diesen »wichtigen Schritt bei der Gleichstellung mit den christlichen Kirchen auf diesem Gebiet«.

Bei einer Anhörung im Kulturausschuss zur entsprechenden Änderung des Hochschulgesetzes sprach Homolka von einer »historischen Wegscheide« und dem »zweiten Schritt einer Erfolgsstory«. Schon seit einigen Jahren werden in Potsdam am Abraham-Geiger-Kolleg Rabbiner ausgebildet, die in Deutschland und weltweit tätig seien, wie Homolka erklärte.

Das nunmehrige Ziel der Landesregierung, diese Ausbildung in den Rahmen der universitären Ausbildung an der Potsdamer Universität aufzunehmen, stelle eine wichtige Funktion beim Wiedererstehen des jüdischen Lebens in Deutschland dar, unterstrich der Professor und Rabbiner. Ausdrücklich begrüße er diesen vorgesehenen neuen Rahmen, obwohl faktisch die Einflussrechte der jüdischen Vertreter dadurch geringer werden, als sie bislang im Geiger Kolleg waren. Denn der Gesetzentwurf sieht in einigen Punkten die Mitentscheidung der staatlichen Stellen vor, was bislang nicht so war.

Wichtiger aber sei, dass auf diese Weise der langgehegte Wunsch in Erfüllung gehe, die jüdische Theologie in die deutsche Universitätslandschaft zu integrieren, meinte Homolka. Mit der Änderung des Hochschulgesetzes werde »einer der letzten Meilensteine« auf diesem Weg erreicht. Er dankte der katholischen und der evangelischen Kirche für die »konstruktive Begleitung« des Vorhabens.

Bislang hat Brandenburg in seinen Universitäten auf die Ausbildung von Theologen verzichtet, und für die LINKE steht immerhin die Möglichkeit im Raum, dass die Kirchen die angestrebte Gesetzesänderung als Trittbrett dafür nutzen könnten, dies nun zu ändern. Zumindest die Vertreterin des Katholischen Büros, Martina Köppen, trat bei der gestrigen Anhörung aber für eine Abgrenzung schon im Gesetz und seinen Paragrafen ein. Ausdrücklich sehe sie das gesetzliche Anliegen auf die jüdische Theologie beschränkt. Die Gesetzesänderung stelle für die katholische Kirche keine Regelung für eine katholische Theologische Fakultät in Brandenburg dar, sagte Köppen. Voraussetzung wäre ohnehin ein Staatsvertrag, der aus Sicht der Kirche beispielsweise ihr zugestehen müsste, Lehrkräfte auch aufgrund ihres »Lebenswandels« abzuberufen. Das sieht der aktuelle Gesetzentwurf, der auf die jüdische Fakultät gemünzt ist, nicht vor.

»Unser Ziel ist, hier möglichst weit außen vor zu bleiben«, erklärte Köppen. Die Katholische Kirche hätte es lieber gesehen, wenn die Rabbinerausbildung im Rahmen der Universität Gegenstand eines Staatsvertrages gewesen wäre, müsse aber als brandenburgische Besonderheit zur Kenntnis nehmen, dass es für den Staat hier auf jüdischer Seite derzeit keinen Vertragspartner gebe.

Für die Evangelische Kirche begrüßte Oberkonsistorialrat Martin Vogel die geplante Einrichtung jüdisch-theologischer Professuren an der Universität Potsdam und die damit einhergehende Möglichkeit, jüdische Theologie als Universitätsfach zu etablieren »ausdrücklich«. Auf die Frage, was das aus Sicht seiner Kirche hypothetisch für die Einrichtung einer evangelischen theologischen Ausbildung bedeutet, ging er in seiner kurzen Stellungnahme nicht ein.

Im Januar 2010 hatte der Wissenschaftsrat der Bundesregierung die Weiterentwicklung von Theologien und religionsbezogenen Wissenschaften an deutschen Hochschulen empfohlen. Im Februar 2012 verabschiedete der Landtag in Potsdam die Resolution »Rabbinerausbildung in Brandenburg stärken«. Das Wissenschaftsministerium wurde damit beauftragt, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, in Potsdam jüdische Theologie als Universitätsfach zu etablieren. Das ist bislang einzigartig in Deutschland.

Unter Beteiligung des Bundesforschungsministeriums wurde im Mai vergangenen Jahres das Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg eröffnet. Der im Dezember beschlossene Landeshaushalt ermöglichte die Finanzierung von zwei zusätzlichen Lehrstühlen für die erforderliche »Kernfachabdeckung«. Parallel dazu schafft die Philosophische Fakultät der Universität die »Potsdam School for Jewish Theology«. Eine vereinbarte Kooperation mit der »Ziegler School for Rabbinic Studis Los Angeles« soll auch die Ausbildung konservativer Rabbiner in der Landeshauptstadt Potsdam gestatten. Das Abraham-Geiger-Kolleg ist liberal geprägt.