nd-aktuell.de / 19.01.2013 / Kultur / Seite 26

Linkspartei auf Platz Eins

FAKTENcheck: Wie verständlich sind die Wahlprogramme zur Niedersachsenwahl?

Eckart Roloff

Gewinnen wird die Linkspartei die Wahl in Niedersachsen sicher nicht, aber ein erster Platz ist ihr schon gewiss: Bei der Verständlichkeit ihres Programms zu dieser Wahl hat sie gesiegt. Das beweist eine Studie, die Kommunikationsforscher der Uni Hohenheim und die Agentur CommunicationLab (Ulm) jetzt vorgelegt haben. Sie haben einen Index entwickelt, der die Sprache der Politik zuverlässig analysiert. Zu den Politikern mit nachweisbar leicht begreifbaren Worten gehört traditionell Gregor Gysi.

Die Forscher sind darauf spezialisiert, der politischen Sprache als einem der wichtigsten Werkzeuge bei der Verbindung von »denen da oben« über die Medien bis hin zum Wahlvolk auf den Grund zu gehen. Wie schlimm es damit aktuell bestellt ist, sagt Frank Brettschneider, der Leiter des Projekts, sehr deutlich: »Das war der unverständlichste Landtagswahlkampf, den wir je untersucht haben.« Das waren bisher sechs.

Die niedersächsische Linkspartei, so ein Ergebnis auf den 80 übersichtlich angelegten Seiten der Studie, lieferte das sprachlich einfachste und kürzeste Wahlprogramm. Ganz kurz ist es mit 72 Seiten nicht, aber da bringen es die Grünen auf 172 Seiten und, so Brettschneider, »auf viel Kauderwelsch« mit extrem langen Sätzen, häufigen Substantiven sowie kaum bekannten Fachbegriffen und Anglizismen wie »Transition Town«, »Repowering« und »Gender Pay Gap«. Wer soll das verstehen, wen will man damit erreichen und überzeugen? Ein Trost bleibt: Die Flyer und Kurzprogramme der Parteien sind etwas verständlicher.

Bei noch einem entscheidenden Punkt liegt die Linkspartei - hier knapp vor den Piraten - ganz vorn: bei dogmatischen Festlegungen. In deren Programmen kommen Vokabeln wie »nie«, »immer« und »müssen« relativ oft vor, bei der CDU und der FDP hingegen viel seltener. Die wollen sich nicht gern festlegen. Freilich könnte auch die Linkspartei manches noch leichter zugänglich ausdrücken.

Die Studie zeigt insgesamt, dass Wahlprogramme kaum verständlicher als Doktorarbeiten sind, die sich ja fast nur an Spezialisten richten. Wahlkämpfer und Wahlstrategen müssen noch viel lernen, um wirklich anzukommen bei denen »draußen im Lande«, von denen sie oft reden. Da mögen sie noch so betonen, sie seien Mitglieder im Verein für klare Aussprache.

Bald geht es über Niedersachsen hinaus um eine sehr verständliche Frage: Wie klar äußert sich der wahlkämpfende Kanzleraspirant Peer Steinbrück? Und tritt er weiter so deutlich in Fettnäpfchen? Und wer kann das verstehen?