nd-aktuell.de / 19.01.2013 / Kultur / Seite 29

Ricki knackte Würfelzucker und Schlösser

TIERFINDELKINDER: Sechs Jahre mit einer Schleichkatze waren lustig, aber nicht immer witzig

Ulrich Sedlag

Die possierlichen aus Südafrika stammenden Erdhörnchen sind Schleichkatzen. Sie sind kaum in einem Zoo vertreten, obwohl ihre Artenzahl größer ist als die der Hunde und Katzen zusammen. Ein in Guinea tätiger Bekannter hatte einst an seinem Einsatzort Kindern ein spezielles Exemplar, eine noch auf Milch angewiesene weibliche Sumpfmanguste abgekauft. Ich erklärte mich bereit, sie zu übernehmen. Sicher war das keine gute Entscheidung, denn wir wurden sechs Jahre lang nicht recht miteinander glücklich.

Ricki war ein kräftiges, gerne zubeißendes Tier von 50 Zentimeter Körper- und 35 Zentimeter Schwanzlänge; mit fünf Kilogramm war sie wahrscheinlich übergewichtig. Sie war schwierig und nicht zuverlässig stubenrein, aber als Schleichkatze höchst interessant.

Da war zunächst der für Raubtiere ungewöhnliche Gebrauch der Hände, mit denen Neues tastend untersucht wurde. Unsere Hosentaschen wurden beispielsweise mit beiden Händen durchwühlt.

Sumpfmangusten ernähren sich unter anderem von Muscheln und Schnecken, wodurch sich der Umgang mit harten Objekten erklärt. Diese werden zunächst bis fast in Augenhöhe des hoch aufgerichteten Tiers gehoben. Das verharrt dann einige Augenblicke (an betende Gläubige erinnernd) und schleudert sie mit großer Kraft auf den Boden. So wurde auch Würfelzucker zerkleinert, obwohl Ricki den nicht fraß. Mein schweres Taschenmesser landete auch mit großem Knall am Boden. Und als ich ihr einmal ein Brikett gab, war die Grenze dessen überschritten, was man den unter uns Wohnenden zumuten konnte.

Ricki wurde mit Fleischwaren gefüttert, sie fraß aber auch gerne Pilze, Nudeln Eierkuchen und manche Kuchensorten, bei Gelegenheit Nacktschnecken, Regenwürmer und Puppen eines gerade massenvermehrten Falters. Um ihr Abwechslung zu verschaffen, holte ich sie beim Abendbrot oft zu Tisch. Sie saß dann mit Blick über die Schulter auf meinem linken Unterarm und betrachtete das Gebotene mit etwas gewendetem Kopf. Irgendwie verstand sie ihre Wünsche zu äußern. Gefressen wurde nicht gerade reinlich. Aber ich zog immer einen Kittel an, dessen weiße Farbe linksseitig meist kaum noch erkennbar war.

Ricki räumte ganz gern Schränke aus. Gelegentlich fielen ihr auch Rundfunkapparat, Brotröster und Kaffeemaschine zum Opfer. Und es gab viele weitere unerwünschte Abwechslungen. Sie war intelligent, und das zu unterschätzen endete ein Mal tödlich. Sie knackte die beiden unterschiedlichen Verschlüsse des Wieselkäfigs - und Quicky, unser geliebtes Wiesel, war einmal.

Prof. Dr. Ulrich Sedlag

Erdhörnchen Foto:

fotolia/ Martina Berg