Agrarspekulanten stehen in den Startlöchern

Bei Mais droht an den Terminmärkten eine neue Preisspirale

  • Jürgen Krämer, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Aller Kritik zum Trotz: Nahrungsmittel bleiben ein globales Geschäft, in dem Finanzinvestoren kräftig mitmischen. Die Spekulanten wittern weiter gute Geschäfte.

Spekulation hat zwar schon immer das Treiben an den Warenterminbörsen bestimmt. Die öffentliche Empörung war aber gewaltig, als eine Jahrhundertdürre in den USA die Preise für wichtige Nahrungsmittel im vergangenen Sommer auf Rekordhöhen trieb. Auch wenn die Preise in den vergangenen Monaten gefallen sind: Die Lage kann sich schnell wieder zuspitzen.

Schon rechnen Experten wieder mit steigenden Preisen beim Mais. In den USA sind die Lagerbestände wegen der Dürre massiv geschrumpft. Der Rohstoff wird als Futtermittel gebraucht. Außerdem wird er im großen Stil zu Ethanol verarbeitet und Treibstoffen beigemischt. Im November hatte die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) Alarm geschlagen. Der Markt für Mais sei »äußert angespannt«, warnten die Ernährungsexperten. Die Bestände seien auf einen »historischen Tiefpunkt« gefallen.

Wie stark das Angebot beim wichtigen Agrarrohstoff gesunken ist, zeigen aktuelle Daten aus den Lagerhallen der USA, des mit Abstand größten Maisproduzenten der Welt. Von der Nachrichtenagentur Bloomberg befragte Experten schätzen, dass die Vorräte Ende 2012 etwa 15 Prozent niedriger waren als ein Jahr zuvor und den geringsten Stand seit zehn Jahren erreichten. Nach Schätzungen des US-Landwirtschaftsministeriums wurden mit 274 Millionen Tonnen im Dürrejahr 2012 etwa 40 Millionen Tonnen weniger Mais geerntet als ein Jahr zuvor.

Einige deutsche Geldhäuser wie die Commerzbank hatten sich im vergangenen Jahr auf dem Höhepunkt der öffentlichen Empörung aus dem Geschäft mit Nahrungsmitteln zurückgezogen. Die Deutsche Bank hatte überraschend angekündigt, vorerst keine neue Finanzprodukte zu verkaufen, die auf dem Handel mit landwirtschaftlichen Rohstoffen basieren oder etwas mit Wetten auf die Preisentwicklung von Grundnahrungsmitteln zu tun haben. Die Verbraucherorganisation Foodwatch kritisierte dies allerdings als nicht ausreichend.

Anders sieht das bei führenden US-Banken aus. Morgan Stanley hat den Mais als Top-Spekulationsobjekt entdeckt und auf die Liste für Top-Anlagen 2013 gesetzt. Wegen des schwächeren Mais-Angebots rechnen die Experten des Kreditinstitutes mit einem überdurchschnittlichen Preisanstieg. Ähnliche Töne kommen auch von Goldman Sachs. Die Investmentbank rät Anlegern, weiter in Mais zu investieren, und stellt kräftige Gewinne in Aussicht.

Die Jahrhundertdürre in den USA hatte den Preis für Mais im vergangenen August auf 8,49 Dollar je Scheffel (etwa 25,4 Kilogramm) steigen lassen, so hoch wie noch nie. Seither ist Mais an der Rohstoffbörse in Chicago deutlich billiger geworden. Aber die Spekulanten stehen wieder in den Startlöchern. Zuletzt war der Preis für einen Scheffel auf rund 7,20 Dollar gestiegen. Der leitende Rohstoff-Experte von Goldman Sachs, Jeffrey Currie, hat jedenfalls eine klare Meinung zur weiteren Entwicklung an den Rohstoffmärkten: Der »Super-Zyklus«, eine über viele Jahre andauernde Phase steigender Rohstoffpreise, ist noch nicht beendet.

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