nd-aktuell.de / 26.01.2013 / Sport / Seite 16

Nur Kopfschütteln für die Jury

Trainer Ingo Steuer sieht sein Paar von den Kampfrichtern benachteiligt

Britta Körber, dpa

Aljona Sawtschenko machte gute Miene zum bösen Spiel. Sieben Punkte Abstand konnte niemand erklären. Ungerecht? »Klar, das ist doch logisch«, meinte die 29 Jahre alte Paarlauf-Weltmeisterin nach der allzu klaren Titelentscheidung für die Russen Tatjana Wolossoschar und Maxim Trankow bei der Eiskunstlauf-EM in Zagreb. »Es ist nur schade für die Zuschauer. Sie alle sagen, das geht gar nicht.«

Sawtschenko und Partner Robin Szolkowy wirkten trotz des verpassten Titels und Platz zwei so entspannt wie selten. Denn schon lange vor dem spannenden Kürabend im Dom Sportova war ihnen klar gewesen, was passieren würde und dass sie Außergewöhnliches leisten müssten, um ihr fünfte EM-Gold zu ergattern.

»Wir können nur unsere Leistung zeigen, gut laufen und warten, was der liebe Gott uns gibt«, fasste Sawtschenko etwas sarkastisch die Bewertung der Eiskunstlauf-Jury zusammen. Ingo Steuer drückte es drastischer aus: »Das neue Wertungssystem hat gezeigt, dass es sinnlos ist«, sagte der Trainer, »es ist alles nur versteckter«. So neu ist das Wertungssystem allerdings auch nicht: Nach den Olympischen Spielen 2002 war die 6,0 abgeschafft worden. Seit 2004 ist die Wertungsskala nun nach oben offen.

Silber nach ihrer einfühlsamen und modernen Darbietung zum legendären »Bolero«, mit dem die Eistänzer Jayne Torvill/Christopher Dean 1984 zu Olympiagold geschwebt waren, war für die Chemnitzer angesichts ihres bisherigen Saisonverlaufs okay. Lange hatte Sawtschenko nicht trainieren können wegen eines chronischen Infektes, zwei Wettkämpfe hatten sie vor der EM in diesem Winter erst bestritten.

In der Kür in Zagreb hatte sich die gebürtige Ukrainerin dann einen Sturz beim Salchow erlaubt. Doch war schon nach dem Kurzprogramm der Abstand von drei Punkten allzu offensichtlich zu den großen Widersachern im Hinblick auf die Olympischen Spiele im nächsten Frühjahr in Sotschi.

»Ich kann mich noch an meine eigene Karriere erinnern, als ich mit Mandy Wötzel Weltmeister war und im Jahr darauf vor den Spielen in Nagano die Russen in den Grand Prix hochgewertet wurden«, erzählte Steuer und betonte, Paarlauf sei die einzige Disziplin, in der Russland bei den Heimspielen im Februar 2014 im Eiskunstlauf gewinnen könnte.

In der Vorbereitung für Olympia wird nun der dreifache Wurf-Axel das wichtigste Element für die viermaligen Weltmeister aus Chemnitz sein, denn dieses Element beherrscht derzeit kein anderes Paar. Er soll in Sotschi möglichts so viele Zähler einbringen, dass die Jury nicht mehr so einfach an den Deutschen vorbeikommt.

Kopfschütteln hatte bei Steuer und Co. vor allem die hohe Benotung der künstlerischen Ausführung von Wolossoschar/Trankow ausgelöst. Steuers Erkenntnis ist klar: »Wenn wir nicht besser sind im technischen Bereich, können wir nicht gewinnen. Wir versuchen alles mit legalen Mitteln.«