nd-aktuell.de / 30.01.2013 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 17

Urteil erleichtert Islands Schuldenbürde

Regierung muss nicht für die Spareinlagen bei den pleite gegangenen Banken im Ausland geradestehen

Andreas Knudsen
Island hat einen internationalen Rechtsstreit zu den Nachwehen der Finanzkrise gewonnen.

Mit Erleichterung hat man in Island auf ein Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) vom späten Montagnachmittag reagiert. Laut dem Richterspruch hat die Regierung in Reykjavik nicht gegen EFTA-Regeln verstoßen, als sie sich weigerte, die Schulden der isländischen Internetbank Icesave in Großbritannien und den Niederlanden zu übernehmen.

Der Streit mit den Gläubigern begann 2008, als die isländische Regierung in der Finanzkrise die Auslandstöchter der drei einheimischen Banken bankrott gehen ließ und die Reste verstaatlichte. Garantiert wurden nur die Spareinlagen im Inland. Unter anderem gingen die 350 000 Kunden der Internetbank Icesave, einer in Großbritannien und den Niederlanden tätigen Tochter des Geldhauses Landsbanki, leer aus. Die Regierungen beider Länder entschädigten die Sparer über ihre nationalen Einlagensicherungen - und verlangen die Gelder von Island zurück. Dabei geht es um 3,8 Milliarden Euro, was fast 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts Islands entspricht. Um die internationale Kreditwürdigkeit zu bewahren und die EU-Aufnahmeverhandlungen nicht zu belasten, handelte die isländische Regierung damals ein Abkommen mit Großbritannien und den Niederlanden aus. Doch Präsident Ólafur Grímsson verweigerte seine Unterschrift und sandte das Abkommen zweimal zu Volksabstimmungen. Über 90 Prozent votierten gegen das ursprüngliche wie auch das revidierte Abkommen. Seither versuchen Großbritannien und die Niederlande, das Geld per Klageweg zu bekommen.

Das ist jetzt gescheitert. Laut dem Urteil kann Island nicht verantwortlich gemacht werden für die Folgen einer Krise, die er nicht selbst verursacht hat. In einer außergewöhnlichen Situation sei die unterschiedliche Behandlung von in- und ausländischen Gläubigern zulässig. Das Urteil kann nicht angefochten werden.

Viele Isländer sehen die Zurückweisung von Forderungen, die sie als zutiefst ungerecht empfinden, mit großer Genugtuung. Ministerpräsidentin Jóhanna Sigurðardóttir begrüßte das Urteil zwar - gleichzeitig musste sie eine politische Niederlage hinnehmen, denn sie hatte auf das Inkrafttreten der Abkommens hingearbeitet.

Aus dem Urteil folgt aber nicht, dass der Schuldendienst für den Icesave-Bankrott eingestellt wird. Aus der Vermögensmasse von Landsbanki werden laufend kleinere Tilgungen vorgenommen. Der juristische Sieg wird es jedoch erleichtern, bessere Rückzahlungsbedingungen, insbesondere niedrigere Zinssätze, mit Großbritannien und den Niederlanden auszuhandeln und so erkleckliche Summen einzusparen, wodurch das Land als Investitionsstandort attraktiver wird.

Im EFTA-System wird jetzt auch geklärt, ob für die volle Summe oder nur bis zu einem bestimmten Anlagebetrag pro Kunde gehaftet wird. Die Konkursverwalter von Landsbanki gehen davon aus, dass genügend Werte vorhanden sind, um die vollen Verpflichtungen zu erfüllen.