Rajoy in der Klemme

Arbeitslosigkeit und Korruptionsskandal setzen Spaniens Ministerpräsidenten zu

  • Ralf Streck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Arbeitslosigkeit stieg auf einen neuen Rekord in einem Land, dessen Regierung unter massiven Schmiergeldvorwürfen steht.

Während sich der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy am Montag auf dem Weg zu den deutsch-spanischen Regierungskonsultationen in Berlin befand, wurden in Madrid neue Arbeitsmarktzahlen veröffentlicht. Die kommen zur Unzeit für eine Regierung, die unter massiven Korruptionsvorwürfen steht. Am Sonntag haben die Sozialisten (PSOE) seinen Rücktritt gefordert, weil er vom Ex-Schatzmeister seiner Volkspartei (PP) über Jahre Schwarzgeld erhalten haben soll. Rajoy sei in der Wirtschaftskrise zur »zusätzlichen Belastung« geworden, sagte Oppositionsführer Alfredo Pérez Rubalcaba.

Während vermutlich fast die gesamte Parteispitze Geld von einem Schweizer Konto erhielt, verlieren die Menschen im Land jede Hoffnung. Nach Angaben des Arbeitsministeriums ist die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen im Januar um mehr als 130 000 Menschen gestiegen. Mit knapp fünf Millionen Arbeitslosen wurde ein neuer Rekordwert registriert. Die Sozialversicherung hat sogar 263 000 Beitragszahler verloren. Denn immer mehr Spanier melden sich nicht mehr arbeitslos, weil sie keine Leistungen mehr erhalten. Dass die Regierung positiv herausstreicht, dass der Anstieg im Jahresvergleich erneut geringer ausgefallen sei, ist für Gewerkschaften und Opposition »Schönfärberei«.

Das spanische Statistikamt hatte bereits zum Jahresende 5,97 Millionen Arbeitslose ermittelt. Die europäische Statistikbehörde gab die Quote damals mit 26,1 Prozent an. Besonders fatal ist, dass 56 Prozent aller jungen Menschen ohne Job sind. Nur in Griechenland ist die Lage noch schlechter und Besserung ist nicht in Sicht. Mit dem harten Sparkurs gehen immer mehr Stellen verloren.

Der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman appellierte nun in einem Gastbeitrag für die Zeitung El País, die »Besessenheit« aufzugeben, das Haushaltsdefizit reduzieren zu wollen. Statt Austerität sollte die Bekämpfung »der inakzeptabel hohen Arbeitslosigkeit« ins Zentrum der Politik rücken. Krugman macht Rajoy direkt für die »Konsequenzen« seiner Politik verantwortlich. Weil in der Rezession auch die Sozialkosten steigen, die Steuereinnahmen aber einbrechen, verfehlte Spanien 2012 erneut das mit der EU-Kommission vereinbarte Defizitziel.

Rajoy will nun ein Konjunkturprogramm auflegen. Er machte vor der Abreise nach Berlin klar, dass das Geld dafür aus Europa kommen soll. Beim Gipfel der EU mit Staaten aus Lateinamerika und der Karibik geriet er deswegen erst kürzlich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aneinander. Rajoy sagte dort, Spanien sei nicht in der Lage, eine expansive Wirtschaftspolitik zu führen. »Die Länder, die es können, sollten es tun«, forderte er höhere Ausgaben von Deutschland. Merkel lehnte kühl ab und sagte, Deutschland habe seinen Beitrag schon geleistet. In Bezug auf Rajoys Korruptionsaffaire stärke Merkel ihm gestern allerdings wieder den Rücken.

Beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag wird erneut über die mittelfristige Finanzplanung der EU zwischen 2014 und 2020 verhandelt. Rajoy verteidigt das bisherige Budget, während andere EU-Länder Einsparungen fordern. Weil Spanien ein großer Nettoempfänger ist, steht besonders viel Geld auf dem Spiel. Der Kompromissvorschlag, den Ratspräsident Herman Van Rompuy bei den gescheiterten Verhandlungen im vergangenen November vorgelegt hat, sah etwa 20 Milliarden Euro weniger für Madrid vor.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal