nd-aktuell.de / 06.02.2013 / Politik / Seite 15

Entschleunigt in die Zukunft

Eine Initiative setzt sich für ein EU-weites Tempolimit 30 in Städten ein

Jérôme Lombard
Die europäische Bürgerinitiative fordert ein generelles Tempo 30-Gebot in den Städten und Dörfern der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die Kampagne versteht sich dabei auch als Vorreiterin für gesamteuropäische Politikansätze.  

In unserer heutigen Zeit werden natürliche Ressourcen beständig knapper, und die Auswirkungen des Klimawandels zeigen sich vor allem im globalen Süden immer deutlicher. Ideen für ein zukünftiges umweltschonendes Verkehrswesen sind daher gefragter denn je. Transport und Verkehr ganz neu denken, das hat sich die Bürgerinitiative »30 km/h - macht die Straßen lebenswert« zur Aufgabe gemacht. Tempo 30 soll in Städten Standard werden, Tempo 50 nur an ausgewählten Straßen gelten, und zwar europaweit. Die Kommunen sollen außerdem das Recht bekommen, auf bestimmen Strecken eigenständig über alternative Höchstgeschwindigkeiten zu entscheiden.

Die Initiative bringt viele unterschiedliche Gruppen zusammen. Über 60 verkehrspolitische Organisationen, Klimabündnisse und Umweltschutzgruppen aus 16 europäischen Ländern sind Teil der Kampagne. Aus Deutschland unterstützen der Naturschutzbund (NABU), der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) oder auch die Ärzte für eine gesunde Umwelt (AGU) das Anliegen. »Mit unserer Kampagne wollen wir die schwächsten Verkehrsteilnehmer, also Kinder, Radfahrer und Fußgänger, besser schützen und den Umstieg auf alternative Verkehrsmittel anregen. Damit wollen wir auch einen Beitrag zum Umweltschutz leisten«, erklärt Heike Aghte von der Europäischen Gesellschaft für Entschleunigung (EUGENT), die die Kampagne ins Leben gerufen hat und von Berlin aus koordiniert. Rund 10 000 Menschen sterben in der EU jedes Jahr bei Verkehrsunfällen, weil sie als Fußgänger oder Radfahrer unterwegs sind.

In England besteht in vielen Gemeinden bereits ein solches Geschwindigkeitslimit. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich dort die Zahl schwerer Unfälle, der CO2-Ausstoß wie auch der Verkehrslärm deutlich verringert haben. Am Anfang war der Widerstand groß, vor allem von Seiten der Autofahrer. »Mit der Zeit setzt aber ein Gewöhnungseffekt ein, und die Zufriedenheit steigt sichtlich«, verweist Aghte auf die inzwischen hohe Zustimmung in England.

Ihre Forderungen will die Initiative auf dem Weg eines EU-Volksbegehrens verwirklichen. Die Kampagne sieht sich hier in der Pionierrolle, besteht die Möglichkeit einer solchen Europäischen Bürgerinitiative (EBI) doch erst seit April letzten Jahres. Allerdings sind die Hürden hoch, die die EU-Kommission dafür festgelegt hat. So muss die Initiative innerhalb eines Jahres mindestens eine Million Unterschriften aus sieben EU-Staaten sammeln. Die Erfolgsaussichten für das Volksbegehren sind daher eher gering. Bislang haben rund 10 000 Menschen online für Tempo 30 unterschrieben, bis November läuft die Sammlung.

Unabhängig davon, ob sie letztlich die nötige Zahl erreichen - Heike Aghte ist sicher, dass ihre Kampagne die Öffentlichkeit in Europa für das Anliegen sensibilisieren wird. Zudem soll Druck auf die Politik ausgeübt werden, sich ernsthaft mit Konzepten für umweltschonende Mobilität auseinanderzusetzen. »In dem Thema steckt auf alle Fälle sehr viel Power für zukünftige Debatten«, so Aghte zuversichtlich.

Sollten die nötigen Unterschriften zusammenkommen, muss sich die EU-Kommission mit dem Thema befassen. Sie kann dann entweder einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen oder muss begründen, warum sie dies nicht tut.

www.30kmh.eu[1] Foto: ZB

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